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  • VoltaireJunior

mehr als 1000 Beiträge seit 17.09.2004

Wenn das Wesen Gottes sein würde, vernunftgemäß zu handeln, dann...

...hätte es ja wohl kaum einen Papst zu seinem Stellvertreter auf
Erden erwählt, um sich über sich selbst zu äußern. Denn wenn wir über
Gott etwas Sicheres aussagen können, dann sicher, daß sein Wesen für
alle, die an ihn glauben, schöpferisch sein muß und alles
Schöpferische ist sogar für die, die nicht an ihn glauben, immer
Bewegung. Schließlich sagt schon Heraklit: "Alles fließt"! Ob Gott
nun schöpferisch ist oder die Schöpfung selbst oder beides, also
transzendent oder imanent oder beides; in jedem Fall muß er als
allmächtiger und allumfassender Schöpfergott seinem Wesen nach
Bewegung sein oder in Bewegung sein und er muß dieses "Alles" sein.
Ob es weder einen Anfang noch ein Ende dieses "Alles fließt" gibt,
oder doch, diese Frage entzieht sich bereits unserem schwachen
menschlichen Geist. Wie die Frage nach dem Woher und Wohin. Nix
genaues weiß man nicht! D.h. der menschliche Geist, dieses Perpetuum
mobile im Kopf, stößt sehr schnell an seine Grenzen, in denen es sich
zu bewegen verdammt ist, und die er Anfang und Ende nennt. Und ein
ganz besonderes Exemplar solchen begrenzten Geistes macht Gott also
zu seinem Stellvertreter auf Erden? Und der bringt uns nun also den
Frieden und nicht das Schwert, wie etwa Jesus? Der vizeallmächtige
Stellvertreter von seinem Vater, ihm selbst und dem Heiligem Geist,
der vor etwas mehr als einem Jahr über die Rotkäppchen im Konklave
gekommen war, bekommt die Welt also schon wieder hin, wird sich die
seiner so bedürftige Dreieinigkeit, bangend um ihre Schöpfung,
fragen? Warum nicht? Er kann ja auf die Fürbitte einer
rußgeschwärzten Holzpuppe aus Altötting bauen, und wenn das nicht
reicht, auf den alten weißen Lappen der Veronika. 

Rantzinger scheint mit seiner Regensburger Rede auch als Benedikt
XVI. nicht gerade Anfang und Ende aller Weisheit zu sein. Denn der
Weise würde sich nicht nur seine Zitate weiser auswählen, er würde
sich sicher auch nicht zwischen die Stühle der Evolutionisten und
Kreationisten setzen. Da kann man sich auch als Papst mit seiner
Lehrmeinung nur unfehlbar unsanft auf den Allerwertesten setzen. Wenn
dem Heiligen Vater dann dazu auch noch zum Thema Religion und Gewalt
ein Disput zwischen einem christlich byzantinischen Kaiser und einem
Persischen Moslem geeigneter erscheint, um uns auf die
Widersprüchlichkeit des freien Willens des Menschen zwischen Glauben
und für den Glauben aufeinander einschlagen hinzuweisen, als dazu das
anschauliche Beispiel kreationistischer Bushmänner-und Frauen mit
ihrem evolutionistischen Sozialdarwinismus zu wählen, dann mag er ein
Geschickter sein, aber dann ist er gewiß kein Gesandter, geschweige
denn Stellvertreter des Gesandten. Mit dem Sozialdarwinismus als Teil
des Kreationismus hätte er den Stier bei beiden Hörnern packen
können. So aber wurde er nun vom schnaubenden Stier der weltweiten
islamischen Freizeittheologie gepackt, der nur eines roten Tuches
bedarf, wie: Allah sei im Islam imgrunde nicht so richtig vernünftig,
sondern so mehr tranzendent gewalttätig. Wer auf den Basaren von
Instanbul oder Kairo oder Islamabad will da noch wissen, daß sich
Rantzinger in seiner Rede nur gerade von seinem Papstamt
transzendiert hatte, um nach all dem Weihrauch in der sixtinischen
Kapelle noch einmal die herrlich heimatliche Staubluft seiner uralten
Universität zu schnuppern, die noch aus den Tagen stammt, als es
gegen die Muselmänner auf dem Balkan und vor Wien noch richtig zur
Sache ging?

Der erklärte protestantische Jesuitenfreund Leibniz, der sich mit
seiner Theodizee ganz schön verrannt hatte, hatte zumindestens in
einem Punkt recht: Nichts ist ohne Grund, warum es eher ist, als daß
es nicht ist. Das pfeifen sogar die Regensburger Spatzen von den
Dächern. Wenn dieser Grund Gott ist, dann wollte Gott offensichtlich,
daß die Juden sich eine schöne Schöpfungsgeschichte ausdenken, aus
dem Judentum sich dann das Christentum und auch der Islam
evolutionierten, oder bio-logischer gesprochen, alle Juden, Christen
und Moslems durch unzählige Kausal-Ketten von "Und sie erkannten
einander" aus dem Samen Abrahams hervorgehen sollten. Ob er dabei die
beste oder die schlechteste aller möglichen Welten geschaffen hat,
ist noch nicht entschieden, denn er ist ja noch mitten in der
Globalisierung. Wenn jedoch alles fließt und man auch nicht zweimal
in den selben Fluß steigt, Gott Schöpfer oder Schöpfung ist oder
Beides, dann ist er in jedem Fall noch mit seiner Kreation oder sich
selbst beschäftigt und seine Kreatur mit ihm oder auch sich selbst.
Da die Erde inzwischen auch im Vatikan so kugelig rund ist, wie der
menschliche Geist um sich selbst kreiselt, besteht durchaus auch noch
Aussicht, daß der Papst nicht nachläßt, sich bis zu seinem seligen
Ende als Stellvertreter Gottes auf Erden im evolutionären Rückschwung
zum Affen zu machen, bevor er und das ganze zweitausendjährige
Vatikankollektiv nach der Wiederauferstehung im tausendjährigen Reich
des Messias wieder von vorn beginnt.

Aber bis dann aus dem Affen wieder ein Theologe, und aus dem
Theologen ein Papst geworden ist, ist der Messias vermutlich längst
wieder im Nirwana, wo er jetzt auch schon ist. Glaube ich jedenfalls! 
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