Im Rahmen einer "Stolperstein"-Biografie habe ich selbst die Lebensgeschichte eines solchen verfolgten und im KZ umgebrachten Menschen verfolgt. Er hinterließ Ehefrau und Kinder. Nach dem Krieg beantragte die Witwe, die in großer Armut lebte, unter Bezugnahme auf die Entschädigungen anderer Opfer des Faschismus eine "Sonderhilfe". Diese finanzielle Unterstützung wurde mit der Begründung, ihr Mann sei ja kein politisches, religiöses oder rassistisches Opfer gewesen, abgelehnt:
"...Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (nur) ist, wer aus Gründen politischer
Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus oder aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen verfolgt worden ist ..."
Die Frau versuchte noch mehrmals eine Entschädigung zu erhalten, zuletzt mit einem Schreiben Mitte der 60er Jahre an den damaligen niedersächsischen Minister des Innern. Der schreibt lapidar: Letzte Antwort des Ministers in Hannover vom 23.3.1967: "... bin ich... an das (negative) Urteil vom 23.7.56 gebunden." Er habe keine Möglichkeit, anders zu entscheiden.
Das Unrecht aus dem Faschismus setzte sich nahtlos in der Bundesrepublik fort.