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  • cassiel

mehr als 1000 Beiträge seit 21.09.2001

Das Problem: der Mensch ist ein hochsoziales Lebewesen

wir werden in Gruppen geboren, wir wachsen in Gruppen auf, wir leben und sterben in Gruppen. Ein Mensch ist ohne seine Gruppe nicht überlebensfähig. Das ist ein tief verwurzeltes biologisches Programm, was uns als Säugetiere extrem erfolgreich, aber auch extrem verwundbar gemacht hat. Ohne ein Verständnis dessen was Mutterschaft vollumfänglich im biologischen Sinn bedeutet und dabei vor allem das was nach der Geburt passiert, kann jede gesellschaftliche Diskussion nur scheitern.

Ein Blick nach Japan und die japanische Familienkultur bringt Erhellendes. Dort ist - wie im gesamten fernöstlichen Kulturbereich - die Mutterrolle noch wesentlich extremer ausgeprägt als hierzulande. Wer dort nicht bis mindestens zum 4. Lebensjahr des Kindes voll und ganz Mutter im Sinne von ryosey kenbo (z.dt. "gute Ehefrau und weise Mutter") ist, der wird sozial extrem schief angesehen. Ist doch das japanische Erziehungsmotto seit Jahrhunderten(?) unverändert:

mitsugo no tamashii hyaku made
Die Seele eines Dreijährigen bleibt ihm 100 Jahre

und selbst danach befindet sich eine japanische Mutter in Erklärungsnot wenn sie wieder arbeiten geht.

Nur ein extrem reaktionäres Mutterbild? Die aktuelle Hirnforschung beweist da mit der onto- und phylogenetischen Entwicklung des menschichen Gehirns etwas anderes. Nie wieder als so wie in den ersten 5 Lebensjahren lernt ein Mensch so viel in seinem Leben. Bis zum Alter von 5 hat der Mensch 90% dessen was er neu lernt gelernt. Der Rest bis zum Tod sind 10%. Kaum zu glauben aber ab dem Alter von 5 wird im Gehirn aktiv abgebaut und bis 17 Jahre ist das Gehirn lerntechnisch alt und die Lernrate im Keller. Das Wissen nimmt das ganze Leben zu, aber bei extrem niedriger Lernrate. Neues wird nicht neu gelernt, sondern an bestehendes angehängt. Das erwachsene Gehirn ist ein paradoxer Schuhkarton: je mehr schon drin ist, desto mehr geht noch rein. Und umgekehrt: wenn nichts drin ist bis 17, passt auch nichts mehr rein.
Zurück zum Kind und zwar im Alter von 18 Monaten. Ab diesem Alter funktioniert schon das Angstzentrum, die Amygdala, aber der Hippocampus, das Navi im Gehirn ist erst mit 36 Monaten "online". Dies führt zu einer extrem verletzbaren Phase, weil das Kind zwar schon Angst hat bzw. bekommen kann, diese aber noch nicht verarbeiten kann bzw. in dieser Phase lernen muss Angst autonom zu regulieren. Dazu braucht es die Hilfe seiner primären Bezugsperson, sprich die Mutter. Wenn diese in dieser Phase dem Kind jederzeit einen sicheren Hafen bietet und dem Kind mit Zuspruch, Trost und emotionaler Zuwendung das Gefühl vermittelt, dass alles gut wird, dann lernt das Kind mit Angst umzugehen. Die emotionale Präsenz der Mutter ist hier für das Kind überlebenswichtig. Schon eine leichte Depression der Mutter, ein hartherziger "Stell dich nicht so an"-"Ein Junge weint nicht"-Umgangston, Vollzeitarbeit usw. stellen aus der Sicht des Kindes eine lebensbedrohliche Situation dar, was mit Todesangst einher geht. Das führt dann mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer frühkindlichen Traumatisierung, komplexe posttraumatische Belastungsstörung und Persönlichkeitsstörungen, die ein Leben lang bleiben, da dies ein Lerndefizit ist und wo nicht ist, da kann als Erwachsener auch nichts mehr angehängt werden. Das kann man sogar an reduzierter grauer Hirnsubstanz messen quasi ein organischer Schaden.
Und weil er nie gelernt hat Stress automatisch zu regulieren, steht derjenige unter toxischem Dauerstress.
Die Folgen sind bekannter als die beschriebene Ursache: psychische Probleme, erhöhte Suizidgefahr, Suchtverhalten, gesundheitliche Probleme (Herz, Verspannungen, Allergien) und nicht zuletzt Krebs in allen Varianten.
Wer dagegen die sprichwörtlichen "Nerven wie Drahtseile" von seiner Mutter mitbekommen hat, der kann qualmen wie ein Helmut Schmidt und wird noch über 90 oder gar Altersrekordhalter wie der bis vor kurzem älteste Mann der Welt, Christian Mortensen, der überzeugter Zigarrenraucher war. Eine Martina Navratilova dagegen bekommt trotz sportlicher Höchstleistungen und gesündester Erhährung mit 50 Krebs.

Und wenn man das verstanden hat, dann hat man nicht nur verstanden, warum die Asiaten uns nicht nur rein zahlenmäßig überlegen sind, es in Japan die Inseln der Hundertjährigen gibt, sondern auch welche Bedeutung eine Mutter für ihr Kind hat. Und dann kann man auch verstehen, warum manche Mütter besser keine geworden wären, denn ein depressive Mutter oder eine Karrierefrau, die tut ihrem Kind keinen Gefallen. In diesem Sinne zeugt es von großer Liebe zu Kindern, wenn jemand sagt: Ich liebe Kinder, deswegen habe ich keine. Es erspart diesen ein lebenslanges Leid.

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