elfboi schrieb am 18. Januar 2009 11:45
> Ich will weder Herr noch Sklave sein, sondern einfach nur frei.
Freiheit ist unmöglich. Frei bist Du dann, wenn ich Dich als Säugling
nackt aussetze und Du Deinen Lebensweg allein gehen mußt: Binnen
weniger Stunden bist Du tot, weil Du wahlweise verhungert, verdurstet
oder vom Löwen gefressen worden bist. That's freedom. Das Überleben
des Menschen (und auch der allermeisten Tiere!) ist an lange Phasen
der Unfreiheit gekettet, nämlich der Aufzuchtphase. Diese beträgt
beim Menschen mitlerweile fast 30 Jahre, bis zum Abschluß eines
Studiums beispielsweise: Permanente Unfreiheit, permanente
Regulierung.
Spätestens wenn Du Zahnweh hast, ist sowieso mit der Freiheit vorbei.
Selbst wenn Du selbst Zahnarzt sein solltest: Denn du brauchst
trotzdem einen zweiten Zahnarzt, der Dich behandelt. Und sobald Du in
irgendeiner Form auf irgendeinen anderen angewiesen bist, gibt es
keine Freiheit mehr, dann mußt Du in irgendeiner Form kooperieren.
Und das schränkt selbstverständlich Deine Freiheit ein. Dem Zahnarzt
geben wir heute Geldstücke damit er uns behandelt. Wir sind ihm
ausgeliefert, aber nicht so ganz: Dadurch, daß wir Zahnärzte in
Konkurrenz zueinander stellen, minimieren wir ihre Macht über uns,
und erhalten so ein paar Freiheitsgrade zurück.
> Ich
> will auch nicht mehr als andere haben, sondern einfach nur genug zum
> Leben,
"Genug zum Leben" ist ein recht anspruchsvolles Programm, meinst Du
nicht?
Genug zum Leben bedeutet zwangsweise die Einschränkung der Freiheit
dritter und es bedeutet natürlich die Einschränkung Deiner eigenen
Freiheit. Denn damit Du "genug zum Leben" hast, mußt Du stets mit
anderen kooperieren (und sie mit Dir natürlich auch).
ohne mich irgendwelchem Druck beugen zu müssen, ohne mir
> existenzielle Sorgen machen zu müssen. Ich will einfach nur ich sein
> dürfen, dann bin ich schon zufrieden.
Deinen hemmungslosen Individualismus gibt es nicht für lau. Dafür
mußte was leisten.
> Bin ich deshalb kein Mensch? Warum sollte ich mehr haben wollen als
> irgendwer sonst?
Weils schöner ist. Was Du haben willst, ist schon sehr, sehr viel.
Ohne Kooperation mit Dritten unmöglich zu verwirklichen.
> Mir ist egal, ob andere mich für einen niedrigen
> Wurm halten oder für einen Gott, mir ist egal, ob sie mich beneiden
> oder bemitleiden - ich will einfach nur gut leben können, mehr nicht.
Spießer mit Gartenzwerg: Das bist Du. Der Spießer will auch nur gut
leben, mehr nicht.
> Materieller Besitz ist für mich nur durch die Handlungsoptionen, die
> er mir gibt, interessant - habe ich einen Backofen, kann ich Kuchen
> backen.
Woher kommt Dein Backofen? Wie wurde er produziert? Sind nicht
vielleicht extrem komplexe Kooperationsketten unterschiedlichster
Menschen Voraussetzung dafür, bis aus dem Erz einer chinesischen Mine
Dein Kuchenblech und Deine Backofentür entstehen, der Hirnschmalz des
Herddesigners, der Transport des Herdes zum Mediamarkt, die
Finanzierung dieses Herdes, bis das gute Stück erst mal bei Dir steht
und Du Deinen ersten Kuchen backen kannst? Woher kommt das Mehl,
woher die Eier und der Zucker für Deinen Kuchen? Regnets das vom
Himmel oder sind dies nicht ebenfalls Produkte, die am Ende langer
Kooperationsketten stehen? Woher kommt Dein Können, einen Kuchen zu
backen? Aus dem Kochbuch? Wie entsteht ein Kochbuch?
Erzählt mir da was von Kuchenbacken als Freiheit und weiß nicht, daß
vor dem Kuchen mannigfaltige Kooperationsbeziehungen stehen, die
allesamt unfrei sind.
> Eine Rolex hat für mich z.B. keinerlei Vorteile gegenüber der
> Uhr, die in meinem Handy integriert ist, also wieso sollte ich eine
> haben wollen?
Die Frage ist Unfug, weil Dich hierzulande niemand zwingt, eine Rolex
zu erwerben. Im Gegenteil: Rolex gibts nicht für jeden. Eine Rolex
wird nicht gekauft, um die Zeit anzuzeigen: Das kann ein Funkwecker
für 5 Euro besser.
Der Kauf einer Rolex hat andere Beweggründe. Für einen Zuhälter ist
die Rolex durchaus rational, sie erhöht nicht nur seinen
Sozialstatus, sondern sie läßt sich auch schnell im Pfandhaus zu Geld
machen, wenn die Polizei mal hinter ihm her ist. Eine Rolex für 10000
bringt 3000 im Pfandhaus: Cash auf die Kralle, nur Bares ist Wahres.
Manchmal braucht man schnell Geld, kann aber nicht auf die Bank. Da
ist es sehr praktisch, wenn man einen unmittelbaren geldwerten
Vorteil am Handgelenk hat, der nebenbei noch schick & shiny die Zeit
anzeigen kann.
> Und ich brauche viele Dinge auch nicht persönlich zu
> besitzen, ich brauche nur das Recht und die Möglichkeit, diese Dinge
> zu meinen eigenen Zwecken zu benutzen, wenn mir danach ist.
Du kannst ein Auto kaufen oder ein Auto mieten: Wenn Du mehr auf
Miete stehst dann machste halt das. Dafür hast Du hier zahlreiche
Optionen. Zahlen mußt Du so oder so. Anders geht es nicht.
> Und warum sollte ich es mir gefallen lassen, Befehle zu befolgen,
> oder warum sollte es mir gefallen, Befehle zu erteilen? Lieber rede
> ich auf Augenhöhe mit den Menschen, bis irgendwie klar ist, ob und
> wie man sein Handeln miteinander koordinieren kann.
Frißt zuviel Zeit und Deine Lebenszeit ist endlich. Weil die
Koordination der Kooperation so viel Zeit frißt und unser Leben
endlich ist, haben wir uns Symbolsysteme erschaffen, die diesen
Diskursprozess abkürzen: Geld, z.B.
Diskutier doch mal mit Zahnweh bei Deinem Zahnarzt, ob Du Bohrung und
Inlay mit selbstgebackenen Kuchen abstottern kannst.
Ich mach das nicht, ich gehe zum Zahnarzt und sage: Der A7er (hinten
links oben aus der Ego-Perspektive) tut weh, machen sie was und
schicken sie mir die Rechnung. Und der Zahnarzt fragt nicht lang blöd
rum, sondern untersucht und behandelt.
Das ist einfach, das ist praktisch, deswegen ist der Zahnarztbesuch
auch nach einer Stunde vorbei und ich muß nicht noch lange
aushandeln, ob ich ihm für die Behandlung 10 Torten backe.
Bis auf Bäckermeister und Konditoren bezahlt beim Zahnarzt niemand
mit Brötchen oder Torten. Und selbst diese beiden tun es nicht
direkt: Was will der Zahnarzt denn auch mit 500 Brötchen im Tausch
gegen eine Behandlung? Davon kann er maximal 3 Stück essen, die
anderen werden steinhart. 497 steinharte Brötchen sind aber irgendwo
ziemlich sinnlos. Da beißen sich die Leut nur die Zähne dran aus...
so far, denkbar
> Ich will weder Herr noch Sklave sein, sondern einfach nur frei.
Freiheit ist unmöglich. Frei bist Du dann, wenn ich Dich als Säugling
nackt aussetze und Du Deinen Lebensweg allein gehen mußt: Binnen
weniger Stunden bist Du tot, weil Du wahlweise verhungert, verdurstet
oder vom Löwen gefressen worden bist. That's freedom. Das Überleben
des Menschen (und auch der allermeisten Tiere!) ist an lange Phasen
der Unfreiheit gekettet, nämlich der Aufzuchtphase. Diese beträgt
beim Menschen mitlerweile fast 30 Jahre, bis zum Abschluß eines
Studiums beispielsweise: Permanente Unfreiheit, permanente
Regulierung.
Spätestens wenn Du Zahnweh hast, ist sowieso mit der Freiheit vorbei.
Selbst wenn Du selbst Zahnarzt sein solltest: Denn du brauchst
trotzdem einen zweiten Zahnarzt, der Dich behandelt. Und sobald Du in
irgendeiner Form auf irgendeinen anderen angewiesen bist, gibt es
keine Freiheit mehr, dann mußt Du in irgendeiner Form kooperieren.
Und das schränkt selbstverständlich Deine Freiheit ein. Dem Zahnarzt
geben wir heute Geldstücke damit er uns behandelt. Wir sind ihm
ausgeliefert, aber nicht so ganz: Dadurch, daß wir Zahnärzte in
Konkurrenz zueinander stellen, minimieren wir ihre Macht über uns,
und erhalten so ein paar Freiheitsgrade zurück.
> Ich
> will auch nicht mehr als andere haben, sondern einfach nur genug zum
> Leben,
"Genug zum Leben" ist ein recht anspruchsvolles Programm, meinst Du
nicht?
Genug zum Leben bedeutet zwangsweise die Einschränkung der Freiheit
dritter und es bedeutet natürlich die Einschränkung Deiner eigenen
Freiheit. Denn damit Du "genug zum Leben" hast, mußt Du stets mit
anderen kooperieren (und sie mit Dir natürlich auch).
ohne mich irgendwelchem Druck beugen zu müssen, ohne mir
> existenzielle Sorgen machen zu müssen. Ich will einfach nur ich sein
> dürfen, dann bin ich schon zufrieden.
Deinen hemmungslosen Individualismus gibt es nicht für lau. Dafür
mußte was leisten.
> Bin ich deshalb kein Mensch? Warum sollte ich mehr haben wollen als
> irgendwer sonst?
Weils schöner ist. Was Du haben willst, ist schon sehr, sehr viel.
Ohne Kooperation mit Dritten unmöglich zu verwirklichen.
> Mir ist egal, ob andere mich für einen niedrigen
> Wurm halten oder für einen Gott, mir ist egal, ob sie mich beneiden
> oder bemitleiden - ich will einfach nur gut leben können, mehr nicht.
Spießer mit Gartenzwerg: Das bist Du. Der Spießer will auch nur gut
leben, mehr nicht.
> Materieller Besitz ist für mich nur durch die Handlungsoptionen, die
> er mir gibt, interessant - habe ich einen Backofen, kann ich Kuchen
> backen.
Woher kommt Dein Backofen? Wie wurde er produziert? Sind nicht
vielleicht extrem komplexe Kooperationsketten unterschiedlichster
Menschen Voraussetzung dafür, bis aus dem Erz einer chinesischen Mine
Dein Kuchenblech und Deine Backofentür entstehen, der Hirnschmalz des
Herddesigners, der Transport des Herdes zum Mediamarkt, die
Finanzierung dieses Herdes, bis das gute Stück erst mal bei Dir steht
und Du Deinen ersten Kuchen backen kannst? Woher kommt das Mehl,
woher die Eier und der Zucker für Deinen Kuchen? Regnets das vom
Himmel oder sind dies nicht ebenfalls Produkte, die am Ende langer
Kooperationsketten stehen? Woher kommt Dein Können, einen Kuchen zu
backen? Aus dem Kochbuch? Wie entsteht ein Kochbuch?
Erzählt mir da was von Kuchenbacken als Freiheit und weiß nicht, daß
vor dem Kuchen mannigfaltige Kooperationsbeziehungen stehen, die
allesamt unfrei sind.
> Eine Rolex hat für mich z.B. keinerlei Vorteile gegenüber der
> Uhr, die in meinem Handy integriert ist, also wieso sollte ich eine
> haben wollen?
Die Frage ist Unfug, weil Dich hierzulande niemand zwingt, eine Rolex
zu erwerben. Im Gegenteil: Rolex gibts nicht für jeden. Eine Rolex
wird nicht gekauft, um die Zeit anzuzeigen: Das kann ein Funkwecker
für 5 Euro besser.
Der Kauf einer Rolex hat andere Beweggründe. Für einen Zuhälter ist
die Rolex durchaus rational, sie erhöht nicht nur seinen
Sozialstatus, sondern sie läßt sich auch schnell im Pfandhaus zu Geld
machen, wenn die Polizei mal hinter ihm her ist. Eine Rolex für 10000
bringt 3000 im Pfandhaus: Cash auf die Kralle, nur Bares ist Wahres.
Manchmal braucht man schnell Geld, kann aber nicht auf die Bank. Da
ist es sehr praktisch, wenn man einen unmittelbaren geldwerten
Vorteil am Handgelenk hat, der nebenbei noch schick & shiny die Zeit
anzeigen kann.
> Und ich brauche viele Dinge auch nicht persönlich zu
> besitzen, ich brauche nur das Recht und die Möglichkeit, diese Dinge
> zu meinen eigenen Zwecken zu benutzen, wenn mir danach ist.
Du kannst ein Auto kaufen oder ein Auto mieten: Wenn Du mehr auf
Miete stehst dann machste halt das. Dafür hast Du hier zahlreiche
Optionen. Zahlen mußt Du so oder so. Anders geht es nicht.
> Und warum sollte ich es mir gefallen lassen, Befehle zu befolgen,
> oder warum sollte es mir gefallen, Befehle zu erteilen? Lieber rede
> ich auf Augenhöhe mit den Menschen, bis irgendwie klar ist, ob und
> wie man sein Handeln miteinander koordinieren kann.
Frißt zuviel Zeit und Deine Lebenszeit ist endlich. Weil die
Koordination der Kooperation so viel Zeit frißt und unser Leben
endlich ist, haben wir uns Symbolsysteme erschaffen, die diesen
Diskursprozess abkürzen: Geld, z.B.
Diskutier doch mal mit Zahnweh bei Deinem Zahnarzt, ob Du Bohrung und
Inlay mit selbstgebackenen Kuchen abstottern kannst.
Ich mach das nicht, ich gehe zum Zahnarzt und sage: Der A7er (hinten
links oben aus der Ego-Perspektive) tut weh, machen sie was und
schicken sie mir die Rechnung. Und der Zahnarzt fragt nicht lang blöd
rum, sondern untersucht und behandelt.
Das ist einfach, das ist praktisch, deswegen ist der Zahnarztbesuch
auch nach einer Stunde vorbei und ich muß nicht noch lange
aushandeln, ob ich ihm für die Behandlung 10 Torten backe.
Bis auf Bäckermeister und Konditoren bezahlt beim Zahnarzt niemand
mit Brötchen oder Torten. Und selbst diese beiden tun es nicht
direkt: Was will der Zahnarzt denn auch mit 500 Brötchen im Tausch
gegen eine Behandlung? Davon kann er maximal 3 Stück essen, die
anderen werden steinhart. 497 steinharte Brötchen sind aber irgendwo
ziemlich sinnlos. Da beißen sich die Leut nur die Zähne dran aus...
so far, denkbar