Es ist schon ein kleiner Unterscheid, ob man einen Despoten wie Hussein oder Gaddafi oder Steinzeit-Islamisten wie die Taliban entmachtet (oder es im Falle Assad versucht) oder einen demokratisch gewählten Präsidenten. Die Sündenfälle, wo die USA gewählte Regierungen bekämpfte und deren Sturz betrieb wie in Chile liegen ein halbes Jahrhundert zurück.
Für eine Neutralität der Ukraine wäre es erforderlich, dass Russland alle Truppen von deren Territorium abzieht - auch von der Krim und aus dem Donbass, denn die gelten nach internationalem Recht weiterhin als von Russland besetzte Bestandteile der Ukraine . Die Stationierung ausländischer Kampfverbände (z.B. auch die Schwarzmeerflotte in Sewastopol) ist aber mit dem Status als neutraler Staat unvereinbar. Dagegen stünde es der Ukraine weiterhin frei, sich im Westen Waffen zu kaufen und ihre Soldaten von amerikanischen Spezialisten ausbilden zu lassen. Eine echte Neutralität wäre also für Russland eine bedeutende Verschlechterung gegenüber dem Status vor der Invasion.
Russland meint mit "Neutralität" wohl eher eine Beschränkung der Souveränität der Ukraine, nämlich den Anspruch auf eine russlandfreundliche Ausrichtung der ukrainischen Regierung. So etwas ist in einem demokratischen Staat nicht machbar, da kann morgen eine andere Regierung gewählt werden die eine andere Politik macht. Will Russland dann jedes mal einmarschieren und ein unpassendes Wahlergebnis "rückgängig" machen, um die "Neutralität" wieder herzustellen? Aus der Ukraine wird keine kleine Kopie Russlands mehr so wie es z.B. Belarus ist. Eine demokratisch regierte Ukraine wird nie wieder Teil des russischen Imperiums werden. Neutralität in dieser russischen Lesart impliziert also die Abschaffung bzw. Einschränkung der Demokratie.
Letztlich ist der Widerstand der Ukraine gegen diese sogenannte "Neutralität" also der Kampf gegen russische Einmischung und ihr Fortbestehen als demokratische und unabhängige Nation.