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  • kss

mehr als 1000 Beiträge seit 26.04.2001

Sozialismus...

...hat keine eindeutige Definition.

Ich halte das Wort historisch aber für verbraucht. Unterstelle
jedoch, dass die meisten die das heute noch benutzen, keine
Planwirtschaft meinen.

> Da nicht jeder seinen eigenen Müll hatte, war es für die 
> Menschen viel bequemer, alles einfach wegzuschmeißen, 
> anstatt zu trennen. So mussten größere Container 
> angeschafft werden, was für alle teuerer wurde. 
> Wer sich die Mühe machte, seinen Müll zu sortieren,
>  profitierte nicht davon, denn seine Kosten sanken nicht, 
> weil alle anderen es nicht taten.

Eine Variante der "Tragik der Allmende":
https://de.wikipedia.org/wiki/Tragik_der_Allmende

> Sozialismus verbraucht ständig mehr Werte als er erzeugt

Würde ich anders formulieren. Es herrschen Zielkonflikte vor, vor
allem auf der Zeitachse (z.B. sofortige Bequemlichkeit gegen
langfristige ungewisse Vorteile). 

Kann man die nicht in Einklang bringen, funktioniert ein System
nicht, auch kein kapitalistisches. Diverse Aktien-Boni-Systeme haben
sich ja auch als eher kontraproduktiv erwiesen.

> Später kamen viele weitere Erkenntnisse dazu, unter anderem 
> lernte ich einen Moskauer Professor kennen, ein hohes Tier 
> bei der zentralen Lenkungsbehörde GOSPLAN. Ich sah, wie 
> viele echte Mühe, Engagement und Intelligenz sie in das 
> System steckten, um es funktional zu machen. 
> Ohne Erfolg.

Oh, das ist interessant. Ja, ich halte Planwirtschaften auch nicht
für zielführend:
1) fehlende Redundanz
2) oben beschriebener Zielkonflikt, der Eigeninitiative schwächt
3) starker Wissensverlust und daraus folgend Unterkomplexität bei den
Planern

Was siehst du als Ursache?

> Fakt ist: eine Ökonomie aus vielen dezentralen, marktwirtschaftlich 
> handelnden Unternehmen (das müssen nicht kapitalistische 
> Unternehmen sein, das können auch kommunalwirtschaftliche 
> Stromversorger oder alternative Genossenschaften sein) 
> funktioniert selbst dann wesentlich effizienter aös jede 
> Planwirtschaft, wenn ein Teil der Wertschöpfung als Gewinn 
> an die Kapitalseite abgesaugt wird.

Das würde ich nicht so pauschal sagen. Schon weil mit "Effizienz"
meist bereits "Kapitaleffizienz" gemeint ist. Eine Struktur kann aber
in ganz anderen Funktionen trotzdem effizient (bzw. effizienter)
sein, ohne große Gewinne zu erwirtschaften, etwa in der Fläche
präsent sein (z.B. Sparkassen), lokale Aktivitäten und Zusammenhalt
fördern, Bildung und Integration sicherstellen usw.

Ich sehe ein Problem bei Genossenschaften darin, dass da zuviele
Köche mitreden (das muss man wollen, es dämpft aber Entwicklung). Bei
kommunalen Betrieben ist es m.E. eher die behördenähnliche Struktur,
Vergütung, Anreizsetzung und Verantwortungsdelegation die hemmend
wirkt. Das müsste nicht so sein.

> Wie es endet, wenn der Staat „in Wirtschaft macht“, sieht 
> man am Berliner Flughafen, an der Elbphilharmonie, am 
> Bremer Space-Park, am Nürburgring etcetera.

Da setzen sich korrupte Politiker teure Denkmäler und schauen bei den
Kosten nicht so genau hin (sie müssen es ja nicht bezahlen), wieder
ein klassischer Zielkonflikt. Solche Großprojekte gehören vom Volk
abgestimmt, das hört sich wenigstens auch die Contra an und es muss
letztlich dafür aufkommen.

> Das sozialdemokratische Modell, wie es in Skandinavien 
> (und leider nur noch teilweise in Deutschland) praktiziert 

Auch in Skandinavien nur noch teilweise. Je nachdem wohin man schaut.

> Solche Ökonomien funktionieren besser als jeder 
> „Kapitalismus ohne Adjektive“ und tausend mal besser 
> als jeder theoretisch wundervolle Sozialismus.

Ja. Das Problem ist, dass auch dort die Kapitalseite letztlich die
Richtung vorgibt und sobald du Freihandel hast, hast du über kurz
oder lang keinen sozialen Staat mehr. Oder wie es der neoliberale
Vorbeter Milton Friedmann ausdrückte:

"you can have open borders or you can have the welfare state, but you
cannot have both"
http://de.openborders.info/friedman-immigration-welfare-state/


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