Karl Sten schrieb am 26.05.2023 02:02:
Es ist daher durchaus möglich das China das gleiche Schicksal wie Japan erlebt - Jahrzehnte Stagnation nach platzen der Blase. Muss nicht sein - ist aber auch nicht unmöglich.
ich denke auch, dass es im Moment schwer abzusehen ist, wie sich die chinesische Wirtschaft weiter entwickeln wird. Die Parallelen zu Japan sind offensichtlich. Die Verlangsamung des Wirtschaftswachstums wurde jetzt schon viele Jahre lang, wie damals auch in Japan, durch den Bau- und Immobiliensektor aufgefangen, was schlussendlich zur Blasenbildung führte. Selbst wenn es gelingt das Platzen der Blase zu verhindern, wird der Sektor auf absehbare Zeit seine Funktion als Treiber des Wirtschaftswachstums verlieren.
Und dann stellt sich eben die Frage wo die chinesche Wirtschaft tatsächlich steht. Es ist abzusehen, dass das Wachstumsmodell Chinas, ähnlich wie das anderer Schwellenländer, an seine Grenzen stösst. Soll die Wirtschaft tatsächlich einen Grad der Wertschöfpung erreichen, der breiten Wohlstand ermöglicht, dann gibt es auch den Wettbewerbsvorteil duch eine grosse Anzahl billiger Arbeitskräfte nicht mehr. Man sieht ja bereits jetzt, dass auch chinesische Unternehmen die Fertigung zunehmend in billigere Länder, oder billigere Regionen in China selbst verlegen.
Verschärft wird diese Entwicklung noch durch die demographischen Probleme Chinas, die einerseits aus der Ein-Kind- Politik, andererseits aber auch, wie in anderen Industrienationen, durch hohe Lebenshaltungskosten verursacht wird. Auch da kann man wieder auf Japan schauen. Selbst ohne Ein-Kind-Politik hat Japan grosse Probleme durch eine überalterte und schrumpfende Bevölkerung. Durch die Folgen der Ein-Kind-Politik wird das Problem China aber schneller und härter treffen als Japan. China gets old before it gets rich ist eine reale Gefahr.
Nichts davon bedeutet zwangsläufig, dass wir im Moment schon peak China sehen, aber es ist andererseits auch wirtschaftspolitische Wunderglaube, dass dies ohne Folgen für das chinesische Wirtschaftsmodell sein wird.
Bisher, und da stimme ich dir zu, hat sich Xi nicht besonders durch eine kluge Wirtschaftspolitik hervorgetan. Zwar hat er die grassierende Korruption eingedämmt, andererseits aber den Einfluss der Partei auf die Wirtschaft wieder deutlich stärker gemacht. Wenn man das böse ausdrückt, hat er damit bestimmte Formen der Korruption legalisiert, während er andere bekämpt ;)
Der aber aus chinesischer Sicht vielleicht grösste Fehler ist, dass er durch das Beharren auf eine protektionistische Wirtschaftspolitik einerseits, und den zunehmenden Einfluss der Partei auf die Wirtschaft andererseits, die Handelspartner mit der Nase darauf gestossen hat, bei Investitionen in China mehr Vorsicht walten zu lassen.
Die Idee Xi's eines wirtschaftlich im Kern autarken China als Zentrum einer ansonsten globalisierten und arbeitsteiligen Welt, ist keine, die jetzt besonders attraktiv für potentielle chinesische Partner wäre. Ohne steigende Investitionen seiner Handelspartner wird es für China aber sehr schwer werden, seine Wachstumsziele zu erreichen.
Man wird abwarten müssen, wieviel Flexibilität Xi in Bezug auf seine Wirtschaftspolitik zeigt. Die abrupte Abkehr von seiner Zero Covid Politik zeigt mener Meinung nach zwei Dinge. Dass die politische Stabilität in China eng mit dem Wohlstandsversprechen der Partei verknüpft ist, und dass Xi auch zu radikalen Kursänderungen bereit ist, sollte diese Stabilität gefährdet sein.
Ob das allerdings ausreichen wird, um künftig für ausreichenden wachsenden Wohlstand in China zu sorgen, kann man, angesichts der Grösse der Probleme und der bisherigen Politik Xi's, durchaus bezweifeln. Ausgemacht ist da gar nichts.