Ich habe in meinem Verwandtenkreis eine Person, die einige Jahre auf der Strasse lebte. (Vergangenheitsform, Gott sei Dank)
An dem Klischee, dass Obdachlose quasi freiwillig und gerne auf der Strasse leben, war zumindest bei dieser Person definitiv nichts dran. Dieses Klischee ist glaube ich mehr dazu da, um das Problem Obdachlosigkeit zu verdrängen (indem man sich einredet, Obdachlose wären halt ein spezieller Schlag Mensch, der insgeheim genau so leben will, und man Obdachlosigkeit daher quasi zum Nicht-Problem erklärt). Besagte Person jedenfalls verwendete sehr viel Zeit darauf, ständig die Inserate irgendwelcher Zeitungen und Zeitschriften zu studieren, in der Hoffnung, endlich ein Dach über dem Kopf zu finden. Dabei war sie teilweise allerdings auch etwas realitätsfremd, da war wohl auch eine kräftige Portion Wunschdenken dabei.
Alkoholismus war bei dieser Verwandten übrigens kein Problem - ob sie damit nur eine krasse Ausnahme war, weiss ich aber nicht. Und sie war durch Alter und Geschlecht unter den Obdachlosen vglw. privilegiert, weil eine obdachlose Frau Mitte 70 wohl einfach deutlich mehr Mitleid erregt als ein obdachloser Mann Mitte 20 oder so - ihr wurde jedenfalls vglw. häufig etwas von Passanten etc. geschenkt, die auf sie zukamen, obwohl sie gar nicht bettelte.
Dass diese Verwandte gewisse "Hilfsangebote" für Obdachlose nicht oder nur selten in Anspruch genommen hat (was in den Medien ja teilweise als Indiz angeführt wird, dass Obdachlose vermeintlich einfach gerne obdachlos sind) lag wie bereits im Artikel angedeutet tatsächlich schlicht daran, dass es bei solchen Angeboten häufig eben gewisse schwerwiegende Haken und Nachteile gibt, die in solchen Medienberichten über "nicht in Anspruch genommene Hilfsangebote" kaum Erwähnung finden.
Wenn ich mir anschaue, wieviel Hilfe und Unterstützung unser Staat Millionen von wildfremden "Flüchtlingen" zukommen lässt, finde ich es übrigens immer noch beschämend, wie man im Vergleich dazu mit der deutlich kleineren Anzahl unserer einheimischen Obdachlosen umgeht. Mag sein, dass viele Obdachlose gewisse psychische etc. Probleme mit sich tragen, die es ihnen schwer machen, ihr Leben und einen Haushalt völlig selbstständig zu führen. Bei meiner Verwandten z.B. waren das psychische Probleme. Solche Probleme hat man aber auch bei vielen "Flüchtlingen" - die setzt man aber nicht einfach auf die Strasse, da wird meinem Eindruck nach viel mehr versucht, solche Probleme durch entsprechende Unterstützung zu lösen.