Im Veröffentlichungskontext eine lange Arbeit, die man vielleicht besser auf zwei oder drei Folgen aufgeteilt hätte, inhaltlich gesehen so kurz wie nur irgend möglich.
Hinlänglich deutlich wird herausgearbeitet, wie das Marktprinzip hypertrophiert und inzwischen, wie im von einem Markttaliban geführten Frankreich, auch die Sozialpolitik dominiert, majorisiert. An die Erhöhung der Pensionskassenbeiträge ist nicht zu denken, weil damit die Arbeitskosten erhöht würden und man damit im globalen Wettbewerb zurückfiele.
Weitere wesentliche Aspekte werden genannt, etwa dass "das berühmte 'Proletariat' als ein Phänomen des 19. und bestenfalls frühen 20. Jahrhunderts" gelte "und angeblich heute nicht mehr" existiere. Dem ist offensichtlich nicht so. Wer seinen Lebensunterhalt nicht ohne Lohnarbeit bestreiten kann, ist ein Proletarier. Das wird spätestens dann deutlich, wenn die Umstände sich verschlechtern. Es handelt sich also um ein sehr weit verbreitetes Selbstmissverständnis, ein falsches Bewusstsein, dass Solidarisierung, immer schon vom Nationalismus behindert, nahezu verunmöglicht.
Wichtig ist auch die folgende Feststellung:
Lohnarbeit als Beschäftigungsverhältnis stellt, betrachtet man die Arbeit selbst, stets ein asymmetrisches Machtverhältnis dar, was natürlich auch für die verstaatlichte Lohnarbeit gilt, wie sie die etatistischen 'Hybridsysteme' des Ostens als behauptete Alternative zum Konkurrenzkapitalismus etabliert hatten.
StaMoKap nach sowjetischem Muster ist nicht wirklich eine Alternative, sondern dasselbe im sozialistischen Übergewand.
Im liberalen Kapitalismus sind Menschen zwar keine Sklaven, aber im nunmehr globalisierten, wenn auch stets lokalisierten Markt gegeneinander konkurrierende selbsterhaltende Waren, deren Marktwert wesentlich auch vom Mass an aquiriertem Bildungskapital abhängt. Seit dem Wegfall der Systemkonkurrenz gibt es kein Halten mehr, gemässigte Varianten, wie etwa der rheinische Kapitalismus, das sozialdemokratische Einzäunungswerk, werden energisch beiseite geschoben. Dies nicht nur, um Geldströme zu gererieren und an gewünschter Stelle münden zu lassen, sondern auch - und das lässt der Autor aus - als Reaktion auf die Folgen der systemimanenten Widersprüche, die sich immer deutlicher bemerkbar machen. Es werden nicht nur märchenhafte Vermögen sondern auch titanische Schuldenberge angehäuft. Mit Hangrutschungen wie 2008 muss jederzeit gerechnet werden.
Die Verwissenschaftlichung und Immaterialisierung der Produktion führen die Geldvermehrung durch Steigerung der abstrakten Leistungseffizienz des Arbeitseinsatzes als Motor und Zweck des Wirtschaftens ad absurdum.
Hier irrt der Autor. Von Immaterialisierung kann keine Rede sein. Noch nie war so viel Materie im Wirtschaftskreislauf. Dieser ernährt sich in immer verhängnisvollerer Weise von seinem eignen Substrat. Dennoch stimmt der Schluss, das Absägen des Astes, auf dem man sitzt, ist in der Tat absurd.
Die Leute können sich absurderweise eher den Untergang der Welt vorstellen als das Verschwinden des Kapitalismus.
Da ist dagegen nichts absurd, denn nicht nur die Proletarier leiden an falschem Bewusstsein, sondern auch die sie Nutzenden. Die Tatsache, dass Reiche unbestreitbar eine deutlich höhere Lebenserwartung haben, vernebelt ihr Hirn. Sie glauben fest, viel zu verlieren zu haben und tun alles, um ihren Muggeln diesen Glauben ebenfalls einzupflanzen, um jegliche Motivation zu Revolution im Keim zu ersticken.
Wer hinhört, vernimmt aber schon ein verräterisches Knacken, der Ast ist an seiner Belastungsgrenze. Es wird weiter gesägt.