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  • firedancer

mehr als 1000 Beiträge seit 26.01.2001

Was für ein Schwachsinn.

Das Grundrecht auf die Unverletzlichkeit der Wohnung:

"Eingegriffen wird in das Grundrecht der Unverletzlichkeit der
Wohnung mittels einer Verletzung der Privatsphäre der Wohnung durch
einen Dritten, der Adressat des Grundrechts ist. Dies geschieht
beispielsweise durch das Betreten der geschützten Räumlichkeiten.
Darunter fällt auch das Installieren von Abhöreinrichtungen.[5] Auch
die Weitergabe von erlangten Informationen durch eine in Art. 13 GG
genannte Maßnahme, stellt einen Eingriff dar.[6] Das Überwachen von
Vorgängen innerhalb der geschützten Räume durch technische
Vorrichtungen von außen ist ebenfalls als Eingriff zu
klassifizieren.[7]"

Beim Grundrecht auf die Unverletzlichkeit der Wohnung handelt es sich
also um eine Verletzung der Privatsphäre.

Der erste Satz deines Blogs: "Jetzt macht die Politik auch vor den
grundgesetzlich geschützten Eigentumsrechten nicht mehr Halt."

Wie jetzt? "Eigentumsrecht"? Geht es jetzt um Privatsphäre oder
Eigentumsrecht? Zwei völlig verschiedene Dinge.

Anders ausgedrückt: Dein Polemiker in dem Blog hat noch nicht mal
verstanden, was welches Recht überhaupt bedeutet. Also wieder der
Klassiker: Selbstüberschätzung. Heute darf halt leider jeder im Netz
was schreiben, egal ob es Sinn ergibt, oder nicht.

Wenn man auch nur für 2 Minuten recherchiert, stellt sich heraus, das
der Passus "Durch dieses Gesetz wird das Grundrecht auf
Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes)
eingeschränkt" in einer ganzen Reihe von Hamburger Gesetzen vor
kommt. Es handelt sich um eine Standardfloskel, die bei den
entsprechenden Gesetzen besondere Befugnisse der Behörden hervor
hebt, oder besondere Beschränkungen für Bürger. Beispielsweise bei
Deichbau und Hochwasser. Die Floskel selbst besagt dementsprechend
gar nichts: Darauf an kommt es vielmehr, warum und in welchem Kontext
dieses Recht eingeschränkt ist. Und ganz bezeichnend, dass genau
diesen Punkt uns der Blogger erst mal verschweigt, sondern lediglich
die nichtssagende Standardfloskel bringt. Warum genau diese
Einschränkung stattfindet, erklärt er erst nach größeren
Ausführungen:

"Die Beauftragten der zuständigen Behörde sind berechtigt,
Grundstücke und Gebäude sowie teile davon zur Prüfung der Frage, ob
die Voraussetzung für eine Sicherstellung nach diesem Absatz
vorliegen, zu betreten."

Mit anderen Worten: Wenn die Stadt Hamburg den Verdacht hat, dass ein
Gebäude leer steht und als Unterbringungsmöglichkeit geeignet
erscheint, dann darf sie das Grundstück betreten und dies prüfen. Und
wenn der Eigentümer nicht kooperieren will, dann darf sie sogar auch
ohne ihn in das Gebäude hinein. Welch Skandal. *gähn*

Was uns der lustige Blogger aber natürlich verschweigt, ist das
Entscheidende: Dass es nämlich letztendlich eine Zwangsvermietung
ist, und keine Beschlagnahmung. Der Betreffende wird lediglich dazu
verpflichtet, gegebenenfalls sein leerstehendes Gebäude der Stadt zur
Nutzung zu VERMIETEN. Nicht mehr und nicht weniger.

Der angebliche Skandal des "offenen Verfassungsbruchs" ist also
keiner. Denn erstens sieht das Grundgesetz hier Möglichkeiten für
Ausnahmeregelungen vor, so dass hier alleine deswegen schon kein
Verfassungsbruch vorliegen kann. (Nur so nebenbei: Wäre es einer,
könnte man dagegen klagen und würde problemlos gewinnen. Würde sich
die Politik folglich über Recht und Gesetz hinweg setzen, wäre es für
den Bürger ein leichtes, dem einen Riegel vorzuschieben.) Zweitens:
Effektiv ist die Angelegenheit eine Zwangsvermietung nach dem
Grundprinzip "Eigentum verpflichtet". Wenn es zu einem
Interessenskonflikt zwischen der Gemeinschaft und einem
Privatinvestor kommt, dann gewinnt in besonderen Fällen, wenn für die
Gemeinschaft keine Alternative möglich ist, eben ausnahmsweise mal
nicht der Privatinvestor, sondern die Gemeinschaft. Dann haben die
Interessen des Privatinvestors eben auch mal zurück zu stehen.
Gewissermaßen als Ultima Ratio, wenn andere angemessene Alternativen
nicht möglich sind. Gleichzeitig wird eine angemessene Entschädigung
vorgesehen. So ist die aktuelle Rechtslage. Das ist normal und
angemessen. Dementsprechend wird auch kein "Artikel 13 abgebaut".
(Wie soll das auch gehen: Erstens ist der Artikel 13 kein Gebäude,
zweitens wird er nicht mehr und nicht weniger ungültig, nur weil
Hamburg eine weitere Ausnahme beschließt, zu welcher der Hamburger
Senat nun mal gemäß Grundgesetz berechtigt ist.)

Ein "Skandal" ist hier allerhöchstens, dass derartige Konzepte
unserer Gemeinschaft offenbar an vielen "besorgten Bürgern" so völlig
vorbei gegangen zu sein scheinen, dass sie glauben, sie könnten
dieses (sogar im Grundgesetz verankerte Prinzip) irgendwie als
"Hebel" gegenüber der Gemeinschaft ansetzen.

Liebe "besorgte Bürger": Kapiert es endlich. Eigeninteressen gehen
eben nicht immer automatisch über Gemeinschaftsinteressen. Diese
Denkweise ist so dämlich wie sie neoliberal ist. Eure Energie könnt
ihr sinnvoller investieren, als euch über solche Trivialitäten
aufzuregen. Beispielsweise um dieses Wirtschaftssystem dahingehend zu
ändern, das es sich weniger nach dem Prinzip des größtmöglichen
Egoismus ausrichtet. Aber das ist natürlich etwas schwieriger, als in
sozialen Netzen zu polemisieren, und "Lügenpresse" zu krakeelen. Da
müsste man zur Abwechslung glatt mal seine Kopf gebrauchen, und an
die Grenzen der eigenen intellektuellen Fähigkeiten gehen.

Und du, lieber Bellisperennis, könntest das nächste mal vor dem
Posten einfach mal recherchieren, damit man nicht immer wieder den
gleichen Unsinn kommentieren muss.

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