Tolles Interview. Gute journalistische Arbeit, selbst die Antworten sind erstaunlich offen.
Heute, nach 3 Jahren sollte jeder halbwegs Informierte erkannt haben, dass damals in der Ukraine eine grosse Schweinerei ablief und der Westen keinen guten Einfluss ausübte. Besonders die USA spielten eine zweifelhafte Rolle.
Aber wer zwischen den Zeilen lesen kann, erkennt an den Interview-Aussagen dieses Ex-Premiers einiges, warum die Ukraine so schlecht dasteht - und das nicht erst seit dem Staatsstreich.
Man stelle sich selbst kritisch folgende Punkte vor:
• Asarow sagt, die Ukraine hätte vor 2012 60 Mio Tonnen Getreide produziert und könnte davon 30 Mio Tonnen exportieren. Die EU erhöhte die Quote von 20.000t auf 200.000t. Was machte die Ukraine denn mit dem ganzen Getreide damals, was nicht in die EU exportiert werden konnte? Den Russen verkaufen?
• Asarow sagt, seine Regierung erhoffte sich von dem EU-Freihandelsabkommen Rechtsstaatlichkeit und "besonders die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit von der Exekutive um- und durchzusetzen". Mit anderen Worten: die Ukraine war zu seiner Zeit so abgrundtief korrupt, dass er keine Chance sah, diese Ziele selbst zu erreichen. Dazu muss man wissen, dass die Ukraine schon seit über 20 Jahren Hilfe aus Ländern wie Deutschland bekommt, um ihr Justizwesen nach rechtsstaatlichen Grundsätzen umzubauen. Es wurden seit den 1990er Jahren Juristenexperten in die Ukraine geschickt, die beim Gesetzesschreiben helfen, die Ausbildung reformieren etc - alles offenbar ohne jeden messbaren Erfolg.
• Asarow sagt, nur wenige hundert Meter vom Maidan entfernt sei das Leben wieder normal gewesen. Wenn also nur die rechten Schläger und Scharfschützen mit einigen hundert Sympathisanten Regierungsgebäude besetzen und gar Polizisten ermorden, warum lässt sich seine Regierung das gefallen? Mehrmals betont er im Interview, die Polizisten hätten keine Schusswaffen gehabt.
Jede Regierung wäre auch nach westlichen Massstäben gerechtfertigt gewesen, die Besetzung ihrer Gebäude zu beenden und die Waffen dieser "Demonstranten" einzusammeln und Kriminelle einzusperren. Wenn seine Regierung das nicht gemacht hat und der Präsident es sich gefallen liess, von den Demonstranten x-mal in Verhandlungen verarscht worden zu sein, indem Zusagen nicht eingehalten wurden, dann bedeutet dies doch im Umkehrschluss, dass sich die Regierung damals zu keinem Zeitpunkt auf die Polizei und andere Sicherheitskräfte wie Geheimdienste etc verlassen konnte. War der Sicherheitsapparat also auch so korrupt, dass er den Auftrag nicht umsetzen konnte oder wollte, die Handlungsfähigkeit der Regierung wiederherzustellen? Wer lässt sich denn sonst so auf der Nase rumtanzen, wie es der Ex-Premier hier darstellt?
Das Interview macht den Eindruck, der Mann sei als Premier entweder sehr naiv gewesen oder erzählt uns hier Märchen, die vor allem in den Auslassungen interessant sind.
PS: nach 3min schon rot markiert. Was sind denn hier für Leute unterwegs?^^
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (21.11.2016 12:42).