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  • Mathematiker

mehr als 1000 Beiträge seit 22.02.2014

Es ist ein kulturelles Ding

ie Amerikaner waren hier zunächst bereit, weiterhin ruhig zusammenzuarbeiten, aber die Taliban haben Bin Laden nicht verraten.

Die Afghanen haben kein Problem mit Verrat. Aber nach dem Paschtunwali steht die Gastfreundschaft über allem. Das geht sogar soweit, dass wenn ein Gastgeber seinem Gast kein Leid zufügen darf, wenn dieser vorher und ohne sein Wissen seinen Sohn ermordet hat. Also wenn der bin Laden diese Gastfreundschaft nicht mehr in Anspruch genommen hätte, dann wäre er sogar von den Taliban ausgeliefert worden.

Afghanistan hat eine sehr große Bevölkerung, die ethnisch, sozial und kulturell sehr heterogen ist. Die USA und ihre Verbündeten gewannen mit Sicherheit die Loyalität eines Teils der Bevölkerung - ein anderer erheblicher Teil setzte den Krieg fort.

Nein. Das eigentliche Problem ist, dass die Bevölkerung auch örtlich sehr inhomogen ist. Also sich Familien und Clans immer noch kräftig mit der lokalen Mehrheit und dem jeweiligen Warlord herumschlagen.

Von ihrer kulturellen Entwicklung sind die ungefähr 2000 Jahre zurück, wenn man das mit Deutschland vergleichen will. Sippe, Stamm und Stammesverband und die eigene Hierarchie sind alles.

In Afghanistan hat sich eine Kriegskultur entwickelt. Ein bedeutender Teil der Bevölkerung kennt nur Krieg als Beruf eines respektablen Mannes.
Erst war es die sowjetische Besatzung, dann entwickelten sich auch Kämpfe zwischen den Mudschahedin, die dann zwischen den Taliban und der Nordallianz fortgeführt wurden. Der Krieg zwischen dem Westen und den Taliban war bereits der vierte in Folge.

Nein. Im Grunde war das schon immer so. Nur damals mit Schwertern und später mit Vorderladern. Mit dem Überfall der UdSSR bekamen die Wilden dann richtig gefährliche Waffen in die Hand.

Kriege werden in Afghanistan halb durch Kämpfe, halb durch Verhandlungen geführt. Es wird ein wenig gekämpft, ein wenig geredet, es werden Koalitionen gebildet, dann wird wieder gekämpft; wieder geredet. Einige sind übergelaufen über, haben einander verraten, kämpften eine Weile und kehrten dann wieder zurück. Das ist eine völlig andere Kultur der Kriegführung und der Verhandlungen.

Schon der Begriff Krieg ist hier völlig falsch.
Krieg hat nach unserem Verständnis einen Anlass, feste Kriegsziele und ein definiertes Ende, nach dem die kriegsführenden Parteien wieder im Frieden auf einer gemeinsamen Basis zusammenleben.
Dort ist das fröhliche sich den Schädel einschlagen einfach ein Teil der Kultur.
Daher gibt es auch keinen Frieden. Verrat bzw. wechselnde Koalitionen gehören zum Tagesgeschäft.

Ein weiteres Problem ist, dass es in Afghanistan viele Gruppen gibt, die von externen Akteuren finanziert werden und dabei Probleme lösen, die mit einem Frieden für Afghanistan absolut nichts zu tun haben und kaum in eine Einigung einbezogen werden können....
Die Chinesen haben dieses Problem irgendwie gelöst, weshalb es die "chinesischen Taliban" gibt. Aber die Chinesen mussten einen größeren Sektor der Taliban kaufen, um ihre Investitionen zu schützen.
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Russland hatte nach Verhandlungen der Taliban mit anderen Staaten wie den USA und China gar keine andere Wahl, als auch mit den Taliban zu reden. Die erhaltenen Garantien sind an sich gut.

Tja, die schon die Briten hatten hinterher Stillhalteprämien gezahlt, damit die Wilden nicht mehr in Kronkolonie eingefallen sollten.

Für Russland geht es hier um eine existenzielle Frage. Tatsache ist, dass der Konflikt in Afghanistan nicht wie der in Syrien geografisch weit genug von Russland entfernt ist. Afghanistan grenzt direkt an Länder, die den Löwenanteil der Arbeitsmigranten nach Russland stellen. Eine Destabilisierung bedeutet von dort Migrationswellen von Afghanen, Tadschiken, Kirgisen und so weiter nach Russland.


Sibirien ist die weiche Flanke Russlands. Genauso, wie die USA oder China bevorzugt auch Putin, wenn solche Probleme nicht ins eigene Staatsgebiet eindringen.

Alles reduziert sich auf die Frage, wie man eine maximal frühmittelalterliche Kultur auf ein einigermaßen modernes Niveau heben kann.
Wir haben hier ein weiteres Komplettversagen der Geisteswissenschaften.

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