Putin hat dazu schon alles mögliche gesagt und auch das Gegenteil davon. Das ist doch mittlerweile völlig wurscht, was er sagt, das hat die Qualität von "Niemand hat vor, eine Mauer zu bauen". Kann man glauben, muss man aber nicht. Das kann irgendein 10-mal über Bande gespielter Winkelzug sein, eine Finte, ein Vorwand, eine Falle, eine Bloßstellung, oder, oder ...dass es schlicht die Wahrheit ist, ist jedenfalls die unwahrscheinlichste Möglichkeit.
Ich glaube an den Abzug erst, wenn bestätigt ist, dass die Truppen wieder in ihren Heimatstandorten sind. Vorher bleibt die Invasion eine reale Drohung. Bei dem Briefing wo die Amerikaner ihr Wissen über den Aufmarsch ungewöhnlich offen präsentierten, waren ein Haufen Fachleute, Diplomaten und Militärs dabei. Nicht einer hat sich dahingehend geäußert, dass er das gezeigte Material für nicht überzeugend oder übertrieben hält, da gab es kein "I'm not convinced". Sondern nur betretene und besorgte Gesichter und denen ist durchaus bewusst, dass die CIA auch schon mal gelogen hat. Dass die Russen um die Stärke und Verteilung ihrer Truppen so ein Geheimnis machen und es komplett den Amis überlassen, die Weltöffentlichkeit darüber zu informieren, spricht m.E. leider eher für einen konkreten Angriffsplan. Wer drohen will, der zeigt vor, was er hat, Geheimhaltung macht nur Sinn, wenn man einen Kampf erwartet. Die Gefahr, den Amis dabei irgendetwas zu offenbaren was sie nicht ohnehin schon wissen, wäre m.E. sowieso gleich Null.
Ein Interesse der Amerikaner, die Lage künstlich zu dramatisieren sehe ich nicht. Sie sind doch die wichtigsten Adressaten des russischen Drucks - und hätten daher eher Grund abzuwiegeln. Bei den Amis ist die oberste Priorität nicht in den Konflikt hineingezogen zu werden und ihre Leute rauszuholen. Wenn auch nur ein Amerikaner durch russische Waffen stirbt dann müssen die Amis antworten und dann stehen wir an der Schwelle zum 3. Weltkrieg. In abgeschwächter Form gilt das auch für die NATO Verbündeten. Allen steckt noch die Evakuierung in Afghanistan in den Knochen, man will sich nicht noch einmal vorwerfen lassen, man habe die Lage unterschätzt.