Hier meine (wahrscheinlich utopische) Vorstellung, wie eine gesunde Stellvertreterdemokratie mit einem Bottom-Up-Ansatz (= jeder delegiert seine Stimme an die fähigste Person, die ihm einfällt) aussehen könnte:
Klassische Wahlen werden abgeschafft. Delegierte für Gremien welcher Art auch immer werden über ein digitales System ermittelt. Für jedes Gremium werden quartalsweise diejenigen N Personen ermittelt, die die meisten Stimmen auf sich vereinen können. Diese sind die Delegierten für das entsprechende Gremium.
Jeder Bürger bekommt eine Stimme in Form eines Authorisierungscodes auf Papier.
Mit dem Authorisierungscode kann sich der Bürger anonym in dem Delegationssystem anmelden. Dort kann er in verschiedener Granularität definieren, an wen seine Stimme(n) weiterdelegiert werden sollen, für den Fall, dass er selbst nicht genügend Stimmen auf sich vereinen kann. (Also z.B. für den Bereich "Umweltfragen" an seinen Freund vom Kleingärtnerverein, für den Bereich "Wirtschaftsfragen" an seinen Onkel, für den Gemeinderat an seinen ehemaligen Klassenkameraden, und für alles andere an eine von der SPD empfohlene Kandidatin).
Es ergeben sich also Delegationsketten vom einzelnen Bürger bis zu den tatsächlich gewählten Delegierten. Die Namen der tatsächlich gewählten Delegierten werden veröffentlicht - ebenso wie das Abstimmungsverhalten. Somit kann jeder nachvollziehen, wie seine "Enddelegierten" mit seiner Stimme umgegangen sind. Es gibt ebenfalls die Möglichkeit, im Delegationssystem eine konkrete Abstimmungsentscheidung zu rügen (Info an Delegierte, ohne ihnen gleich die Stimme zu entziehen), oder als Delegierter eine Erklärung für die Entscheidung zu hinterlegen. Es ist jederzeit möglich, seine Stimmdelegation zu ändern (was den Delegierten auch angezeigt wird) - allerdings um eine gewisse Konstanz in den Gremien zu gewährleisten erfolgt die Auswertung nur quartalsweise.
Außer dem Authorisierungscode bekommt jeder Bürger noch einen veröffentlichbaren ID-Code, den er an Personen weitergeben kann, die ihm Stimmen delegieren wollen, oder den er auf freiwilliger Basis im Delegationssystem mit seinem Name und ggf. dem Namen seiner Organisation veröffentlichen kann.
Wem das ganze System zu kompliziert ist, kann alternativ seinen Authorisierungscode an eine Person seines Vertrauens weitergeben (und somit seine Stimme komplett an diese Person delegieren).
Eine Stimme gibt es für jeden Bürger ab Geburt (die dann vorerst von den Erziehungsberechtigten wahrgenommen werden kann).
In den Gremien selbst soll nicht die Handlungsoption mit den meisten JA-Stimmen als Beschlossen gelten, sondern die Handlungsoption mit den wenigsten Gegenstimmen (= weitestmöglichster Konsens anstelle der Herrschaft der Mehrheit über die Minderheit).