Karl Jaspers erkannte bereits 1966 in seinem Werk "Wohin treibt die Bundesrepublik":
"Die Demokratie der Bundesrepublik wandelt sich vor unseren Augen. Es werden Wege beschritten, an deren Ende es weder eine Demokratie noch einen freien Bürger geben würde, vielleicht ohne daß die, die sie gehen, dieses Ende wollen."
"Welcher Wandel vollzieht sich in der Struktur der Bundesrepublik? Es scheint: von der Demokratie zur Parteienoligarchie, von der Parteienoligarchie zur Diktatur."
"Alle Deutschen Träger des Staates"? Nein, sie sind bisher noch zumeist Untertanen, nicht Träger des Staates. Sie wählen alle vier Jahre eine ihnen vorgelegte Liste, aber wissen nicht eigentlich was. Denn sie haben sich zu fügen. Zunächst den Vorschlägen der Parteien, dann der Obrigkeit, die sich für ihre Autorität auf das Volk beruft, das sie gewählt habe."
"Der Artikel 21 sagt: "Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit." Jedoch: Man kann kaum behaupten, daß in der Bundesrepublik eine politische Willensbildung des Volkes stattfindet."
"Wir werden zu fragen haben, ob und wo das faktische Verhalten der Parteien heute die freiheitliche demokratische Grundordnung beeinträchtigt und die Bundesrepublik gefährdet."
"Das Volk kann nicht selber mitregieren. Selbst die Wahlen sind keine eigentlichen Wahlen, sondern Akklamation zur Parteienoligarchie."
"Das Volk ist dem Namen nach der Souverän. Aber es hat keinerlei Einwirkung auf die Entscheidungen, außer durch die Wahlen, in denen nichts entschieden, sondern nur die Existenz der Parteienoligarchie anerkannt wird. Die großen Schicksalsfragen gehen nicht an das Volk. Ihre Beantwortung muß das Volk über sich ergehen lassen, und es merkt oft gar nicht, daß etwas und wie es entschieden wird."
Willy Brandt wollte den Weg "Mehr Demokratie wagen", die Erweiterung der Bürgerrechte und den Ausbau politischer und sozialer Teilhabe.
"Wir wollen mehr Demokratie wagen. Wir werden unsere Arbeitsweise öffnen und dem kritischen Bedürfnis nach Information Genüge tun. Wir werden darauf hinwirken, daß nicht nur durch Anhörungen im Bundestag, sondern auch durch ständige Fühlungnahme mit den repräsentativen Gruppen unseres Volkes und durch eine umfassende Unterrichtung über die Regierungspolitik jeder Bürger die Möglichkeit erhält, an der Reform von Staat und Gesellschaft mitzuwirken."
"Mitbestimmung, Mitverantwortung in den verschiedenen Bereichen unserer Gesellschaft wird eine bewegende Kraft der kommenden Jahre sein. Wir können nicht die perfekte Demokratie schaffen. Wir wollen eine Gesellschaft, die mehr Freiheit bietet und mehr Mitverantwortung fordert. Diese Regierung sucht das Gespräch, sie sucht kritische Partnerschaft mit allen, die Verantwortung tragen, sei es in den Kirchen, der Kunst, der Wissenschaft und der Wirtschaft oder in anderen Bereichen der Gesellschaft."
Aber leider hat sich sein Modell nicht durchsetzen können.