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  • Goerlitzer

mehr als 1000 Beiträge seit 30.11.2007

Streit über Flüchtlinge in d. EU hat vor allem politisch-strategischen Charakter

Ich gehe nicht davon aus, dass Orban an das von ihm beschriebene Szenario glaubt. Bei der von der EU festgelegten symbolischen Zahl von 1294 Flüchtlingen, die sein Land vorübergehend aufnehmen soll, ist die Gefahr einer Überschwemmung zumindest Ungarns auch eher gering.

Aber Orban wusste besser wie die Polit-Kaste in Brüssel, wie die Mehrheit der EU-Bevölkerung zur Flüchtlingsfrage steht. In der Flüchtlingsfrage weiss er sich auch einig mit praktisch allen regierenden Kollegen in der östlichen EU-Peripherie. Er will das Thema nutzen, um grundsätzlich mehr Spielraum für sich und Ungarn zu gewinnen. Auch stehen in Ungarn Wahlen an und die EU-devote Opposition kommt durch das Flüchtlingsthema weiter unter Druck.

Die politische Kaste in Brüssel und Berlin und ihre mediale Gefolgschaft hoffte dagegen, das Flüchtlingsthema bei den vermeintlich mehrheitlich weltoffenen und humanitär gesinnten EU-Bürgern einsetzen zu können, um unliebsame Regierungen wie in Ungarn oder Polen zu diskreditieren. Der Schuss ging nach hinten los. Ihr "ohne uns" in der Flüchtlingsfrage hat den Regierungen in Ost-Mitteleuropa im Westen eher Sympathien eingebracht.

Polens nationalkonservativer Premier hat zudem ein neue Initiative unter dem Motto "wir helfen effektiver, wir helfen vor Ort" gestartet. Letzte Woche besuchte er den Libanon und hatte einen Scheck über 10 Mio. Dollar für die dortige Flüchtlingshilfe im Gepäck. Abgeordnete seiner PiS verbreiten auch gern eine Version der Flüchtlingswelle von 2015, die für die medial prä-disponierten deutschen Ohren völlig befremdlich klingt, - die Deutschen öffneten die Grenze, weil sie billige Arbeitskräfte brauchen, mit Humanität hatte das nichts zu tun.

P.s:: Im übrigen ist Ungarn selbst schon lange nicht mehr als christliches Land einzustufen. Die von deutschen Medien verbreiteten Meldungen über das religiöse Leben in Ungarn sind irreführend, denn es gibt weder eine Kirchenmitgliedschaft noch eine Kirchensteuer. Gottesdienste sind nur in ländlichen Gemeinden noch halbwegs gut besucht, in den grossen Städten sind es weitgehend Altentreffen.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (19.02.2018 18:22).

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