Naturzucker schrieb am 03.02.2018 07:59:
Börsengewinne entstehen aus einem Nullsummenspiel.Jemand verkauft teuer und ein anderer kauft teuer. Derjenige, der teuer verkauft, denkt meist, der Peak sei erreicht. Derjenige, der teuer kauft, denkt der Boom setzt sich weiter fort. Irgendeiner irrt, einer verliert, der andere gewinnt.
Börsengewinne (spezifischer: Kurs- und Ausschüttungsgewinne aus Anteilsscheinen) entstehen ja nicht nur während eines "Booms". Eine normal wirtschaftende Firma, die profitabel ist, erzielt Erträge und sie kommt nicht umhin, diese Erträge teilweise auch den Eigentümern der Firma zukommen zu lassen (direkt über Ausschüttungen oder indirekt über den höheren Wert der Anteile). Somit muss niemand irren, wenn er teure Anteilsscheine kauft, denn solange die Firma profitabel ist, werden die Anteile langfristig Gewinne erzielen.
Deshalb ist das Ganze auch kein reines Nullsummenspiel. Es ist ja beileibe nicht so, dass irgendwann alle Kurse wieder auf ihr Ausgangsniveau zurückkehren. Anteile sind (der Gegenwert für) Kapital, und der Wert dieses spezifischen Kapitals ändert sich im Verlaufe der Zeit. Ein Nullsummenspiel ist somit nur alles, was innerhalb desselben Moments geschieht.
Das eigentliche Problem für die Realwirtschaft sind die aus den völlig irrealen Kursen abgeleiteten Renditeerwartungen, denn damit wird tatsächlich Geld aus den Unternehmen gezogen. Und die immer kurzfristigere Orientierung an Börsenkursen und Boni anstatt am langfristigen Erfolg des Unternehmens.
In der Sache richtig. Wer zahlt, schafft an. Die Eigentümer der Firma sind nun einmal diejenigen, an welchen sich das Handeln und die Ziele der Firma orientieren muss. Und wenn diese Eigentümer keine anderweitigen Interessen am Handeln der Firma haben als nur den monetären Ertrag (wie das im Ideal der frei gehandelten Aktien einer AG entspricht), dann muss man als operative Firma hier "konkurrenzfähig" sein.
Weil die Angestellten einer Firma aber typischerweise nicht den Eigentümern, sondern anderen Angestellten der Firma (ihren Chefs) gegenüber loyal sind, handeln sie typischerweise gegen die Interessen ihrer Firma (also deren Eigentümern). Deshalb die Idee, die Mitarbeiter zu motivieren, auch mal an die Firma an sich (also die Eigentümer) zu denken und nicht nur an ihre eigenen Chefs.
In den letzten Jahren ist daher die Lohnquote am BIP immer weiter zirückgegangen, der Anteil der leistungslosen Kapitaleinkünfte dagegen gestiegen. Bei letzteren spielt es auch keine Rolle, ob diese durch Dividenden oder Zinsen generiert werden. Es sind leistungslose Einkünfte, die von der arbeitenden Bevölkerung erwirttschaftet und von den Renditeschmarotzern verfrühstückt werden. Die "ihr" Vermögen oft über Generationen in den Familien immer wieder von einem überprivilegierten Bastard auf den nächsten vererbt haben.
Letzteres ist nicht unbedingt der Fall. Sehr viel des Kapitals, welches zum Erwerb von Unternehmensbeteiligungen verwendet wird, kommt nicht nur aus dem deutschen Geldadel, sondern von der Mittelschicht und deren Sparbemühungen. (Zur Erinnerung: zur Mittelschicht gehören in Deutschland auch die Haushalte mit einem Einkommen von 100000€ im Jahr.) Die Lebensversicherungs-, Betriebs-, private Rentenversicherungs- und sonstige private Anlagebeträge bilden einen wesentlichen Grundstock für die Kapitalmärkte und sind für die Aktienpreise sehr viel wichtiger als das Kapital des Geldadels.
Diese reichen Mittelschichtler, die da Renditen schmarotzen, arbeiten zusätzlich natürlich trotzdem noch. Naja, gut, ob man das, was Ärzte, Anwälte, Forscher, Softwareentwickler und andere Leute aus dem Dienstleistungssektor so tun, als arbeiten bezeichnen kann, ist dann wieder Definitionssache.
Und selbst bei denen, die vermeintlich "aus dem Nichts" zu einem großen Vermögen gekommen sind, steht in den seltensten Fällen nur die persönliche Leistung dahinter. In den allermeisten Fällen basiert ihr Vermögen auf Geschäften zu Lasten Dritter, beispielsweise dem Staat, den Verbrauchern oder haben zum Teil auch einen kriminellen Hintergrund.
Nur aus eigener Leistung und dann stets mit einem fairen Geschäftsgebaren wird niemand Multimillionär und erst recht nicht Multimilliardär.
In Deutschland stimmt die Aussage bezüglich des finanziellen Aufstiegs weitestgehend. Prinzipiell ist es allerdings auch hier, trotz der sehr schlechten Umgebungsvariablen, möglich, Self-made-Multimillionär zu werden. Dafür braucht man vor allem eines: Glück. Kriminelle Energie oder Skrupellosigkeit etc. sind da gar nicht einmal notwendig oder auch nur förderlich.