kemmerich schrieb am 26.01.2023 06:55:
Gibt es überhaupt eine? - wäre zunächst mal die Frage. Denn einerseits werden Fragen nach dem Sinn und Zweck von Waffenlieferungen stets ganz entrüstet mit dem Hinweis auf die Souveränität der Ukraine abgebürstet; ihr allein komme das Recht zu, über Kriegsziele zu entscheiden. Andererseits wird die ukrainische Führung solange Maximalziele verfolgen, wie der Westen bedingungslos Waffen liefert und jeder weiteren von der Ukraine geforderten Eskalationsstufe schlussendlich zustimmt. Dieses Spiel kann man vielleicht sogar solange weiter treiben, bis die Ukraine die Russen komplett vertrieben hat. Doch wird Putin am Ende reumütig den Schwanz einziehen, ohne die letzte Karte zu spielen? Ist das vorstellbar? Und: Ist es verantwortbar, dies auszutesten?
Immerhin scheint der NATO selbst bewusst zu sein, dass das Spiel gefährlich ist, sonst würde sie ja gleich Nägel mit Köppen machen und direkt eingreifen. Selbst die härtesten Scharfmacher, die Strack-Zimmermänner und Hofreiters und Kiesewetters, lehnen eine direkte Kriegsbeteiligung ab. Dabei haben sie natürlich keine jahrelange Pattsituation mit immer und immer mehr Opfern und Zerstörungen im Sinn, sondern ein gutes Ende. Doch vor dem guten oder unguten Ende kommt erstmal der Showdown: Wird Putin einsehen, dass er verloren hat? Oder steckt er die Welt in Brand?
Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Waffenlieferfans mit der Vorstellung eines sich reumütig zurückziehenden Putins herumlaufen. Sie spekulieren darauf, dass in Russland eine Revolution ausbricht, denke ich. Das wäre denn auch die einzige Option, die ein gutes Ende nach sich ziehen könnte (aber keineswegs muss). Und riskant bleibt diese Spekulation natürlich auch.
Plan A, Russland wirtschaftlich zu zerstören und einen Regimechange vorzunehmen, ist gescheitert.
Plan B, man will eine Niederlage unbedingt vermeiden.