Ein Teil der Frage ist ja schon von anderen beantwortet worden.
Das "Good practice" -Papier der Venedig-Kommission stammt aus dem Jahr 2005, da waren die Auflösung von Jugoslawien beendet. Ich denke, das die diversen Referenden, die diese Auflösung begleiteten, ein wichtiges Motiv waren, sich überhaupt Gedanken darüber zu machen, was ein "gutes" Referendum ausmacht. So etwas kannte man in Europa ja vorher kaum. Bei Unabhängigkeitserklärungen dachte man eher an Länder, die sich aus der Kolonialherrschaft befreien wollten.
Der Prozess der Ablösung war auch ein völlig anderer als jetzt in der Ukraine. Die Initiative ging von den aus Wahlen hervorgegangenen Regierungen der Bundesstaaten aus, die auf der bundesstaatlichen Ebene eine Umwandlung in ein Mehrparteiensystem vollzogen hatten. Der Krieg brach erst NACH den Referenden aus, als Serbien versuchte, die Abtrünnigen gewaltsam zurückzuholen. Die Gewaltanwendung war hier also nicht die Voraussetzung für das Zustandekommen des Referendums - so war es aber in den "Volksrepubliken" und auf der Krim.
Bei der Frage der Rechtmäßigkeit von Sezessionen stehen zwei Prinzipien des Völkerrechts gegeneinander: die territoriale Integrität der Staaten und das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Prinzipiell gibt das Völkerrecht zu dieser Frage nicht viel her, da es sich per Definition auf die Beziehungen zwischen souveränen Staaten bezieht, eine Sezession aber bis zum Vollzug ein innerstaatlicher Vorgang ist. Deshalb spielt die Verfassung des jeweiligen Staates eine entscheidende Rolle. Und die sah bei der Bundesrepublik Jugoslawien die Möglichkeit eine Loslösung einzelner Bundesstaaten ausdrücklich vor (der Kosovo ist hier eine Ausnahme, weil er kein Bundesstaat war) und für die Ukraine eben nicht.
Völkerrechtlich ist vor allem relevant, was vor so einem Referendum passiert und dabei geht es besonders um die Gewaltfreiheit. Wenn ein Referendum durch einen völkerrechtwidrigen Angriff herbeigeführt wird, dann kann kein noch so "gutes" Referendum diesen Rechtsbruch im Nachhinein heilen. Ein solches Referendum ist von vornherein null und nichtig. Dies trifft insbesondere auf die Krim zu. Die Gewalt im völkerrechtlichen Sinn bestand hier zwar nicht aus einem richtigen Krieg, sehr wohl aber in dem Bruch des Stationierungsabkommens und dem Einsatz der stationierten russischen Truppen außerhalb ihres Stützpunktes. Dies gilt nach der UN-Resolution 3314, Artikel 3, Abs. e, ( https://www.un.org/depts/german/gv-early/ar3314_neu.pdf ) als Angriffshandlung. Um die Krim legal von der Ukraine zu lösen müsste das Verfahren unter ukrainischem Recht komplett neu begonnen werden. So lange bleibt die Krim ukrainisches Staatsgebiet unter einer russischen de-facto Verwaltung,
Im Falle der "Volksrepubliken" ist die Sache nicht ganz so klar, weil Russland seine Beteiligung offiziell immer abstritt. Nimmt man mal an, es handele sich tatsächlich um eine Art Bürgerkrieg und nicht um eine getarnte russische Aggression, nach Artikel 3 Abs. g der schon erwähnten Resolution 3314 ("...Entsenden bewaffneter Banden, Gruppen, Freischärler oder Söldner durch einen Staat oder in seinem Namen, wenn diese mit Waffengewalt Handlungen gegen einen anderen Staat ausführen...)" dann kommt den Referenden hier schon eine Bedeutung zu. Und da gibt eine Fünf Minus, weil so gut wie überhaupt keine der Venedig-Standards eingehalten wurden.
Und wie sieht das im Vergleich zum Kosovo aus? Der Kosovo war zwar auch besetzt, aber eben nicht völkerrechtswidrig. Dort war die KFOR Friedenstruppe mit einem UN-Mandat stationiert. Die Unabhängigkeit wurde dort zuerst ohne Referendum vom Parlament erklärt.