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  • Harry Boeck

mehr als 1000 Beiträge seit 14.03.2000

Das hat aber nur mit Sichtweisen zu tun, nicht mit treibenden Kräften...

Man kann etliche verschiedene Sichtweisen auf das Dingens ansetzen und erhält jeweils der Sichtweise entsprechende Aussagen.

Die Stabilität des Ecosystems über alle Arten und über viele Generationen (der darin langsamsten Arten) hinweg ist umso höher, je artenreicher das System ist und je divergenter die Arten sind. Also: Gegenüber dem Angriff sich verändernder externer Bedingungen ist das System umso besser geschützt, je flexibler es reagieren kann. Und es kann umso flexibler reagieren, je breiter es von vornherein alle möglichen Nischen besetzt und Varianten bereithält.

Deswegen sind die Kräfte, die das Leben der einzelnen Individuen bestimmen, dennoch chaotisch und haben nichts mit dem auf oberster Ebene resultierenden Gesamtverhalten des Ecosystems zu tun. Natürlich sind einzelne Individuen in Konkurrenz zueinander um Ressourcen. Und natürlich kann die Vielfalt des Gesamtsystems nicht ins Unendliche gehen, weil die Ressourcen begrenzt sind und weil das genetische Material nur dann in einer fürs Überleben hinreichend stabilen Art erhalten werden kann, wenn eine hinreichend große Dichte von Individuen gleicher Art existiert, was wiederum von Ressourcen begrenzt wird.

Die Sichtweise, die üblicherweise in der Schule gelehrt wird, wenn der Darwinismus dran ist, ist die "von unten" in der Pyramide der das Leben bestimmenden Prozesse. Und DORT ist die Konkurrenz bestimmende Kraft der Selektion und die Mutation durch radioaktive Strahlung und chemische Ausrutscher die bestimmende Kraft der Veränderung im genetischen Material. nimmt man diesen Standpunkt ein, fühlt man sich als Neoliberaler und Kernkraft-Prophet am wohlsten.

Nimmt man Sichtweisen ein wenig höher ein, kommt man zu Schlussfolgerungen, wie sie die moderne, industrialisierte Landwirtschaft angenommen hat: Dass man die Arten in "Nützlinge" und "Schädlinge" unterteilt und durch Düngung und Schädlingsbekämpfung seinen Ertrag an den gewünschten Arten maximiert.

Nimmt man Sichtweisen sehr weit oben in der Pyramide ein, merkt man, dass man langfristig mit purem Handeln nach Sichtweisen aus der Mitte die Pyramide aushöhlt und zerstört.

Das sind aber alles keine sich widersprechenden Prozesse und Theorien dazu, sondern nur welche auf unterschiedlichen Ebenen eines komplexen Systems. Insofern kann ich sowas wie einen "Paradigmenwechsel" nicht erkennen. Nur eine höhere Gewichtung der "höheren" Sichtweisen.

Von den "höheren" Sichtweisen wissen die Bestandteile des Systems allerdings nichts (außer ein gewisser Anteil der Individuen einer der abermillionen Arten). Sie sind nur das Resultat des blinden Wirkens der Stoffwechselprozesse und Selektionskräfte auf den unteren Ebenen.

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