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  • Pnyx (1)

mehr als 1000 Beiträge seit 01.07.2017

et tu Telepolis?

Für mehr als 50 Prozent der deutschen Bevölkerung gehört dies schon jetzt zu den dringendsten politischen Baustellen, wohingegen Klimawandel, Ukraine- und Gaza-Krieg oder Cannabislegalisierung an Bedeutung verlieren.

Eine seltsame Aufzählung. Offenbar hat der Autor ein Problem mit der rudimentären Cannabislegalisierung, wagt aber keine offene Diskussion darüber. Die anderen erwähnten Probleme sind in Wirklichkeit in einer ganz anderen Liga.

Die erwartbare Ernüchterung setzte dann mit steigender Ausländerkriminalität und schwieriger werdender Unterbringung der Einwanderer ein. (...) Bei den staatsbürgerlichen Pflichten wie Steuerpflicht, Schulpflicht, Meldepflicht, Ausweispflicht und der allgemeinen Gesetzestreue beginnen für bestimmte Migrantengruppen aber die Grauzonen, in denen sie sich den Pflichten entziehen oder sie einfach ignorieren.

Zwei Mal kecke Behauptungen ohne auch nur einen Hauch eines unterstützenden Arguments. Das ist schlicht xenophob.

Die aktuelle Aufmischung des Parteienspektrums ist eine der Folgen, vielleicht die gefährlichste.

Auch das eine kecke, apdodiktisch vorgetragene Behauptung, die ich für absoluten Unsinn halte. Die AFD - zunehmend nahezu das gesamte Parteienspektrum - bewirtschaftet zwar fleissig dieses Thema, weil naturgemäss gerade die Rechten wissen, dass Sündenbock-Denken stets Erfolg hat. Es ist simpel und geeignet für Denkfaule, zu denen offenbar auch der Autor dieses Textes gehört. Die wahren Ursachen für die weitverbreitete Unzufriedenheit finden sich viel eher im Zuschlagen der Systemaporien des Kapitalismus, denen neoliberal Paroli geboten wurde, unter anderem via Einrichtung eines gewichtigen Niedriglohnsektors. In Deutschland kommt das Spezifikum der Übernahme der DDR hinzu, was nicht eine metaphorische Redensart darstellt, es ging wirklich zu wie in der Wirtschaft, wenn ein übermächtiger Konzern einen kleineren schluckt. Noch 35 Jahre später herrschen teils Verhältnisse, die man, etwas zuspitzend als koloniale bezeichnen kann. Die ehemals kapitalismus-trunkenene Ex-DDR-Bevölkerung, bzw. ihre Nachkommen, sind mittlerweile ausgenüchtert, durchschauen den Schmuh, ziehen allerdings zum Teil bedenkliche Schlüsse, was wiederum an der jahrzehntelang mit Verve betriebenen Zerstörung der Linken liegt, nicht nur, aber wesentlich.

Aber zum Thema des Textes zurück - es ist bezeichnend, dass die grösste Gruppe in den letzten Jahren ruckweise nach Deutschland Eingezogener nicht erwähnt wird. Klar, die Ukrainer haben Sonderkonditionen erhalten, sie müssen nicht in einem langwierigen, z. T. demütigenden Verfahren beweisen, dass sie eine Präsenz- ja Daseinsberechtigung haben. Aber wenn es in den letzten beiden Jahren real zu Engpässen gekommen ist, dann wegen ihnen. Denn sie müssen schliesslich auch irgendwo unterkommen, ihre Kinder eingeschult werden, usw. Und es waren viele gleichzeitig, bekanntlich mittlerweile deutlich über eine Million. Nicht, dass das Deutschland real überfordern müsste, aber es ist eine grosse Herausforderung, zumal in einer Zeit, da gleichzeitig die Terms of trade des Landes sich deutlich verschlechtert haben, was wiederum mit demselben Krieg, bzw. den deutschen Reaktionen auf ihn zu tun hat.

Es kann nicht darum gehen, Ukrainer als Problemverursacher abzustempeln. Das sind sie ebensowenig, wie die anderen Nationalitäten, die in geschützteren Weltgegenden Zuflucht und ein würdiges Leben suchen. Aber wenn von Migration die Rede ist, wenn diese in ihrer Relevanz so hoch gehängt wird, wie es der Autor hier tut, kann man sie nicht mit Schweigen übergehen. Tut man es doch, setzt man sich gewissen Vermutungen aus.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (13.10.2024 02:54).

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