Respekt für den Mut, sich über bürgerliche Denkverbote und Axiome hinwegzusetzen. Im Wesentlichen gehen die Vorschläge in eine gute Richtung. Der Ansatz, das aleatorische Prinzip zum bestimmenden zu erheben, ist gewiss fruchtbar, und sei es auch nur deshalb, weil die Menschheit noch nie und nirgends versucht hat, darauf ein politisches und ökonomisches System zu basieren. Angesichts der realen und mittlerweile offensichtlichen Dysfunktionalität der bürgerlichen Konzeption wärs einen Versuch wert.
Viele einzelne interessante Überlegungen sind ins Konzept eingegangen, doch scheint der Autor eine menschliche Gesellschaft mit einer Maschine zu verwechseln und arbeitet daher wie ein Ingenieur jedes Detail aus, statt bei den Hauptzügen zu bleiben und deren Wahl nachvollziehbar zu begründen. Wichtig ist stets zu beachten, dass der alte Adam sich nicht grundsätzlich ändern wird, auch wenn es sicherlich möglich ist, mit einem sinnvolleren Anreizsystem destruktive Tendenzen zu mindern. Es kann aber nicht darum gehen, alles vorauszuplanen.
Inhaltlich nur eine Bemerkung - es muss zwischen Besitz und Eigentum unterschieden werden. Eigentum ist eine totalisierte Form von Besitz, setzt eine - illusionäre - totale Verfügbarmachung des in Frage stehenden Objekts voraus. Privatbesitz kann man nicht abschaffen, ist jedoch relativ. Das ist in der Praxis auch heute so. Ein Parzelleneigentümer oder besser -besitzer kann nicht Beliebiges mit seinem Land tun, viele Regulierungen schränken seine Verfügungsgewalt ein.
Es fehlt das vielleicht Wichtigste - die ökologische Dimension. An ihr scheitert gerade das Bürgertum. Jedes neue Konzept muss primär sicher stellen, dass seine Subjekte in ihrer Gesamtheit nicht über ihren ökologischen Verhältnissen leben. Ein noch so demokratisches und soziales System garantiert das noch nicht.