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  • Axel Farr

mehr als 1000 Beiträge seit 06.05.2002

Re: Tendenziöser Text

auf_der_hut schrieb am 02.06.2024 20:56:

Danke für Ihre Recherche. Das rückt doch vieles in ein ganz anderes Licht.

Ich frage mich allerdings, was die Amerikaner wirklich bewogen hat, so hart auf die Stationierung von Raketen auf Kuba zu reagieren.

... (den Teil über die Vorbereitungszeit und Zielgenauigkeit der Raketen gekürzt)

Welchen entscheidenden Unterschied machte es da, ob die Raketen an Land auf Kuba oder an Bord eines U-Bootes vor der Küste in Bereitschaft gehalten wurden? Wäre da eine deutlich gelassenere Reaktion nicht angemessen gewesen? Oder hatte man eher Befürchtungen, dass der unberechenbare Castro Zugriff auf die Raketen bekommen könnte?

Ich denke es waren auf amerikanischer Seite zwei Aspekte, die zu der Eskalation führten:

1. Die Amerikaner hatten es ziemlich verpennt, was da in ihrer Nachbarschaft an sowjetischem Militär angehäuft wurde. Es waren ja nicht nur die Mittelstreckenraketen, sondern auch über vierzigtausend Soldaten aus der Sowjetunion nach Kuba gekommen. Als man sich dessen im Pentagon gewahr wurde, war (entsprechend dem Wikipedia-Artikel) sogar ein (konventioneller) Erstschlag eine Option.
2. Die Mittelstreckenraketen brauchten zwar eine erhebliche Vorbereitungszeit. Hatte man diese Vorbereitung aber erst einmal investiert, dann konnten die solchermaßen "scharf" gestellten Raketen für Wochen in diesem Zustand belassen werden; man hätte dann also sozusagen eine entsicherte Waffe und den Finger am Auslöser. Vom Start bis zum Einschlag irgendwo in den USA waren es dann nur wenige Minuten. In die Situation, dann politische Entscheidungen treffen zu müssen wollte sich Kennedy nicht bugsiert wissen.

Man hat jetzt im Vorfeld des Ukraine-Kriegs schön beobachten können, wie man mit einem vergleichsweise harmlosen kleinen Krieg (ich nenne jetzt mal die nicht nachlassenden Kämpfe im Donbass so) einen stetig steigenden militärischen Druck aufbauen kann, so dass immer größere Militäreinheiten benötigt werden "um die Situation unter Kontrolle zu halten". Man bereitet sozusagen das Pulverlager vor. Dann wirft man ein Streichholz hinein (greift an) und hofft, dass die Zündung gelingt und der Gegner hinweggesprengt wird.

Kennedy bekam plötzlich zu sehen, wie das Pulverlager vorbereitet wurde. Bevor jemand den Zünder dran halten konnte wollte er halt, dass das Lager geräumt wird.

Lesenswert ist auch die Zusammenfassung im Wikipedia-Artikel. Kennedy hat sich ja als politischer Sieger (im Westen) verkaufen könne, da der Rückzug der amerikanischen Mittelstrecken-Raketen aus der Türkei und aus Südeuropa nicht publik gemacht wurden. Die Kubaner haben wohl getobt, weil die Sowjets ihnen das tolle neue Spielzeug weggenommen hatten. In Ost wie in West standen aber die Politiker gegenüber ihren Militärs als die absoluten Weicheier da - Kennedy weil er verhindert hatte, dass die Air Force die schon geplanten Luftschläge durchführen konnte und dann auch noch die Mittelstreckenraketen aus der Türkei abzog, die sowjetischen Generäle waren auch sauer dass sich ihre Regierung komplett aus Kuba zurückzog.

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