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  • Angstroem

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Re: Problem der Qualitätssicherung

Bedauerlicher_Einzelfall schrieb am 10. November 2009 17:15

> Die Verlage haben ein gewisses Interesse, nur Publikationen einer
> gewissen Qualität zu veröffentlichen.

Ja, das wird gerne vorgeschoben. Stimmt nur leider nicht.

Ich erzähl Dir jetzt mal, wie das funktioniert:

(1) Ich will eine Konferenz oder einen Workshop ausrichten.

(2) Ich kontaktiere einen Verlag, z.B. Hüpfer, ob die das nicht
verlegen wollen. Hüpfer will dann wissen, wieviele daran teilnehmen,
ob die Veranstaltung überhaupt schon ein Renommee hat und was bei
ihnen dann hängenbleibt. Damit es das tut, machen sie mir ein
entsprechend teures Angebot.

(3) Ich suche mir Mitstreiter, die die Veranstaltung ausrichten,
angefangen vom Financial Chair (der das Geld einsammelt) über Web
Chair (für die Anmeldungen) zum Local Chair (der den Konferenzort und
die Bespaßung organisiert) hin zum Program Committee.

(4) Hoffentlich viele Leute reichen ein.

(5) Das Programmkomitee führt die Qualitätssicherung durch, d.h.
jeder eingereichte Beitrag wird typ. mind. 3x von unterschiedlichen
Leuten beurteilt.

(6) Eine handvoll Auserlesener kommt durch den Prozeß und muß sich
nun für die Veranstaltung registrieren. Größenordnungsmäßig etwa
400€.

(7) Der Program Chair sammelt die druckfertigen Beiträge ein und

(8a) schickt sie an den teuren Verleger, der sie nochmal auf die
Druckrichtlinien hin überprüft und dann zum fertigen Buch bindet bzw.
(8b) macht (8a) selbst, bevor er sie an den Verleger zwecks Druck
schickt.

Nirgendwo kümmert sich der Verlag um irgendwas abgesehen vielleicht
von der finalen Drucklegung. Schon gar nicht ist er in den
Qualitätssicherungsprozeß eingebunden. Damit kann und will er auch
gar nichts zu tun haben.

Und *Geld* sieht hierbei auch nur der Verleger sowie der
Konferenzort. Alle akademisch Beteiligten bekommen hierfür keinen
Pfennig bzw. Cent. Maximal springt hierbei -- und zwar nur für den
innersten Kreis, d.h. die Chairs -- eine extern bezahlte Dienstreise
bzw. der Erlaß der Konferenzgebühr bei raus.

> Ins Web stellen kann natürlich jeder seine Publikation, 
> solange er die Rechte nicht an einen Verlag abgetreten hat. 
> Aber gilt sie dann als Publikation in diesem Sinne?

Ja, nur nicht als Publikation mit peer review, und damit ist sie
wertlos.

Nur: Das peer review führen *nicht* die Verlage durch.

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