alterpinguin schrieb am 9. August 2008 16:36
> demon driver schrieb am 8. August 2008 09:51
>
> > Ist es nicht niedlich, wie sie einen "gemeinsamen Anspruch an unseren
> > freiheitlichen Rechtsstaat" hochhalten, dem der real existierende,
> > sich "demokratisch" nennende, in Wahrheit aber schon immer autoritäre
> > Obrigkeitstaat nie gerecht wurde und nie gerecht werden wird?
> >
> > Funfrock hats schon gesagt, es gibt keinen "freiheitlichen
> > Rechtsstaat", in dem die Ansprüche des Bürgers etwas gelten würden.
> > .........
> .
> Glauben wird ja noch erlaubt sein?
Was soll das heißen, "erlaubt"? Jeder "darf" selbstverständlich
glauben was er will, und wenn's der größte Blödsinn ist, aber doch
nicht öffentlich ;-) - bzw. gerne auch öffentlich, aber doch wohl
nicht mit dem Anspruch, von Kommentaren verschont zu bleiben...
> Die Realität sieht anders aus - aber die Idee mit der Gewaltenteilung
> in Exekutive, Judikative, Legislative - und aller drei dem
> Grundgesetz verpflichtet - die Idee war gar nicht so schlecht.
Selbstverständlich. Und ein Fortschritt gegenüber dem Früheren,
zweifellos. Nur, die Freiheit und Gleichheit, die der Liberalismus
und die darauf basierenden "Rechtsstaats"-Konstruktionen im Gefolge
der bürgerlichen Revolutionen im Sinn hatten, waren ja doch nie
ernsthaft die der Gesamtbevölkerungen, sondern immer nur die der
bürgerlichen Vermögenden gegenüber Adel und Krone, und darunter vor
allem das Recht und die Freiheit der bürgerlichen Vermögenden,
nunmehr ihrerseits möglichst ungehindert aus der Verwertung der
besitzlosen Bevölkerungsteile Nutzen und Profit zu ziehen.
Das war in dieser "Demokratie" schon immer irgendwie in der Form
angelegt, ihr wurden dann gewisse Verbesserungen für die breiten
Massen durch die Arbeiterbewegung abgerungen. Insofern ist die
heutige Entwicklung aber eigentlich nur folgerichtig, nachdem die
Zeiten eines verbreiteten Arbeitermangels endgültig vorbei sind, in
denen Unternehmen noch um Mitarbeiter werben mussten, und auch die
Notwendigkeit nicht mehr besteht, der Welt bzw. dem "Kommunismus" zu
beweisen, dass Arbeiterrechte und soziale Sicherheit auch im
Kapitalismus gehen. Die müssen jetzt nicht mehr gehen.
> Unabhängigkeit sollte dafür sorgen, daß kein Teil alleine Amok läuft
> und das Grundgesetz abschafft. Realität ist allerdings schon lange,
> daß die Legislative macht wozu sie Lust hat, die Judikative sich als
> moralisches Gewissen dessen den Bauch pinselt und die Exekutive schon
> lange so rückwärts orientiert ist, daß sie im Absolutismus ihr
> Spiegelbild erkennen kann. Da hilft dann auch nicht viel, daß im
> Grundgesetz sogar die vierte ?Kraft? ein Widerstandsrecht verbrieft
> bekam. Wie schon gesagt, die Idee war nicht schlecht und daß das
> Kapital (obwohl "Eigentum verpflichtet" auch vorgesehen wurde)
> schließlich alles korrumpiert und egalisiert (moralisch gesehen),
> schien keine Gefahr darzustellen, obwohl der historisch abgehakte
> Faschismus einen nicht unerheblichen gewinnorientierten materiellen
> Faktor hatte. Die Gefahr, deren sich die Demokratie (wie auch die
> Freiheit) stellen muß, ist die Tatsache, daß Demokratie nicht
> befohlen oder erkämpft werden kann - Demokratie muß wie Freiheit
> gelebt werden und wenn das schon von Kindesbeinen an sabotiert und
> unterdrückt wird ... dann kommen eben auch jede Menge kleine
> spießbürgerliche Führer hervor und jede kleine Krise lässt den Ruf
> nach dem starken Mann lauter werden nur um jedem anderen (jeder
> anderen Minderheit) die Schuld für das eigenen schlechte Schicksal zu
> geben. Demokratie ist dann nur noch die Abstimmung unter
> Gleichgesinnten so wie ihre Freiheit nur noch die eigene Freiheit
> ist, die über alles geht.
Alles weitgehend zustimmungsfähig. Nur: Allein wenn der umfasende
Teil der Existenz, der zur bloßen Sicherung des Lebensunterhalts
verbracht wird, überwiegend in Abhängigkeitsverhältnissen
stattfindet, in denen jede Demokratie vor der Tür bleiben muss,
sollte sich doch schon die Frage stellen, was da denn für eine
Demokratie, was das denn für ein Rechtsstaat ist.
Regierungen und Kapital waren eben noch nie trennbar, sind es auch in
der sogenannten Demokratie nicht, und sie können es auch immer
weniger sein, je mehr die Globalisierung die "Standortattraktivität"
zur notwendigerweise zentralen Maxime nationaler Wirtschaftspolitik
erhebt.
Und raus kommen wir da, fürchte ich, erst, wenn wir ein neues
Weltbetriebssystem finden.
Cheers,
d. d.
> demon driver schrieb am 8. August 2008 09:51
>
> > Ist es nicht niedlich, wie sie einen "gemeinsamen Anspruch an unseren
> > freiheitlichen Rechtsstaat" hochhalten, dem der real existierende,
> > sich "demokratisch" nennende, in Wahrheit aber schon immer autoritäre
> > Obrigkeitstaat nie gerecht wurde und nie gerecht werden wird?
> >
> > Funfrock hats schon gesagt, es gibt keinen "freiheitlichen
> > Rechtsstaat", in dem die Ansprüche des Bürgers etwas gelten würden.
> > .........
> .
> Glauben wird ja noch erlaubt sein?
Was soll das heißen, "erlaubt"? Jeder "darf" selbstverständlich
glauben was er will, und wenn's der größte Blödsinn ist, aber doch
nicht öffentlich ;-) - bzw. gerne auch öffentlich, aber doch wohl
nicht mit dem Anspruch, von Kommentaren verschont zu bleiben...
> Die Realität sieht anders aus - aber die Idee mit der Gewaltenteilung
> in Exekutive, Judikative, Legislative - und aller drei dem
> Grundgesetz verpflichtet - die Idee war gar nicht so schlecht.
Selbstverständlich. Und ein Fortschritt gegenüber dem Früheren,
zweifellos. Nur, die Freiheit und Gleichheit, die der Liberalismus
und die darauf basierenden "Rechtsstaats"-Konstruktionen im Gefolge
der bürgerlichen Revolutionen im Sinn hatten, waren ja doch nie
ernsthaft die der Gesamtbevölkerungen, sondern immer nur die der
bürgerlichen Vermögenden gegenüber Adel und Krone, und darunter vor
allem das Recht und die Freiheit der bürgerlichen Vermögenden,
nunmehr ihrerseits möglichst ungehindert aus der Verwertung der
besitzlosen Bevölkerungsteile Nutzen und Profit zu ziehen.
Das war in dieser "Demokratie" schon immer irgendwie in der Form
angelegt, ihr wurden dann gewisse Verbesserungen für die breiten
Massen durch die Arbeiterbewegung abgerungen. Insofern ist die
heutige Entwicklung aber eigentlich nur folgerichtig, nachdem die
Zeiten eines verbreiteten Arbeitermangels endgültig vorbei sind, in
denen Unternehmen noch um Mitarbeiter werben mussten, und auch die
Notwendigkeit nicht mehr besteht, der Welt bzw. dem "Kommunismus" zu
beweisen, dass Arbeiterrechte und soziale Sicherheit auch im
Kapitalismus gehen. Die müssen jetzt nicht mehr gehen.
> Unabhängigkeit sollte dafür sorgen, daß kein Teil alleine Amok läuft
> und das Grundgesetz abschafft. Realität ist allerdings schon lange,
> daß die Legislative macht wozu sie Lust hat, die Judikative sich als
> moralisches Gewissen dessen den Bauch pinselt und die Exekutive schon
> lange so rückwärts orientiert ist, daß sie im Absolutismus ihr
> Spiegelbild erkennen kann. Da hilft dann auch nicht viel, daß im
> Grundgesetz sogar die vierte ?Kraft? ein Widerstandsrecht verbrieft
> bekam. Wie schon gesagt, die Idee war nicht schlecht und daß das
> Kapital (obwohl "Eigentum verpflichtet" auch vorgesehen wurde)
> schließlich alles korrumpiert und egalisiert (moralisch gesehen),
> schien keine Gefahr darzustellen, obwohl der historisch abgehakte
> Faschismus einen nicht unerheblichen gewinnorientierten materiellen
> Faktor hatte. Die Gefahr, deren sich die Demokratie (wie auch die
> Freiheit) stellen muß, ist die Tatsache, daß Demokratie nicht
> befohlen oder erkämpft werden kann - Demokratie muß wie Freiheit
> gelebt werden und wenn das schon von Kindesbeinen an sabotiert und
> unterdrückt wird ... dann kommen eben auch jede Menge kleine
> spießbürgerliche Führer hervor und jede kleine Krise lässt den Ruf
> nach dem starken Mann lauter werden nur um jedem anderen (jeder
> anderen Minderheit) die Schuld für das eigenen schlechte Schicksal zu
> geben. Demokratie ist dann nur noch die Abstimmung unter
> Gleichgesinnten so wie ihre Freiheit nur noch die eigene Freiheit
> ist, die über alles geht.
Alles weitgehend zustimmungsfähig. Nur: Allein wenn der umfasende
Teil der Existenz, der zur bloßen Sicherung des Lebensunterhalts
verbracht wird, überwiegend in Abhängigkeitsverhältnissen
stattfindet, in denen jede Demokratie vor der Tür bleiben muss,
sollte sich doch schon die Frage stellen, was da denn für eine
Demokratie, was das denn für ein Rechtsstaat ist.
Regierungen und Kapital waren eben noch nie trennbar, sind es auch in
der sogenannten Demokratie nicht, und sie können es auch immer
weniger sein, je mehr die Globalisierung die "Standortattraktivität"
zur notwendigerweise zentralen Maxime nationaler Wirtschaftspolitik
erhebt.
Und raus kommen wir da, fürchte ich, erst, wenn wir ein neues
Weltbetriebssystem finden.
Cheers,
d. d.