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mehr als 1000 Beiträge seit 10.01.2003

Wenn alles aufgerollt wird, was in den letzten 200 Jahren an ...

... Schandtaten so angefallen ist, werden wir unseres Lebens nicht mehr froh*.

Wir haben ja so unsere Erfahrungen: in Deutschland wird kein Kind frei von Schuld(en) geboren, wenn es Kind deutscher Eltern ist. Denn es gab ja die dunklen Jahre zwischen 1933 und 1945, der dt. Nationalsozialismus hat 60 Millionen Menschenleben gefordert - eine Schuld, die nach dem Willen einiger niemals abgetragen werden kann, ist der Holocaust, das Verbrechen der Nazis an den Juden.
Da gehe ich aber nicht mit: drei volle Menschengenerationen (75 Jahre) ist das nun schon her, seit der letzte Schuss gefallen ist. Die Kinder heute sind die Urenkel derer, die sich vielleicht mitschuldig gemacht haben an den Verbrechen. Welche Schuld können sie noch tragen, wenn der Zufall der Geburt sie zu Deutschen gemacht hat und nicht zu Russen, US-Amerikanern oder Israelis?

Nicht die Schuld ist zu vererben, sondern die Verantwortung!
Zu der Weisheit sind aber nicht genügend Menschen im Lande gekommen.

Übertragen auf die vorliegende Thematik der Verbrechen "Sklaverei und Zwangsarbeit" bedeutet dies: wenn die Ahnen einer Familie Sklavenhalter waren oder von Zwangsarbeit profitiert haben, sind dann deren Nachfahren heute noch schuldig zu sprechen, selbst wenn sie nachwirkend noch profitieren? Der Ururgroßvater mag sich Sklaven auf der Baumwollplantage noch gehalten haben, der Ururenkel hat nur in Geschichtsbüchern Bilder von versklavten Baumwollpflückerinnen gesehen - welche schuld hat er noch? Auch hier sollte die Antwort ähnlich lauten: die Schuld ist nicht vererbbar, die Verantwortung schon.
Und auch hier reicht die Weisheit nicht bis zu der Erkenntnis.

Denn sonst würde womöglich die Globalisierung weniger verbrecherische Ausbeutung von Mensch und Umwelt bedeuten. Der Geist, der früher Afrikaner entführen ließ zwecks Sklavenarbeit, der aus Juden, Andersdenkende und Kriegsgefangenen Zwangsarbeiter bis zur Vernichtung machte, der ist noch immer am Wirken in der Globalisierung und vergiftet in Indien die Lebensgrundlage eines Milliardenvolks ohne jede Rücksicht. Der türmt in Afrika Müllberge aus Elektroschrott auf, auf dem Minderjährige ohne jeden Schutz Edelmetalle aus dem Schrott brennen und giftigsten Rauch einatmen.

Vielleicht sollte man weniger in der Vergangenheit nach Leichen graben und lieber im Jetzt nach Möglichkeiten suchen, dass nicht immer neue Kadaver in den propevollen Keller gepackt werden. Da wären wir wieder bei der Weisheit, dass die Fehler der Vergangenheit sich nicht wiederholen dürfen, also nicht bei Schuld, sondern bei Verantwortung.

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* warum eigentlich nur die "jüngere Vergangenheit"? Lassen wir doch mal alle Ungerechtigkeit der Menschheitsgeschichte auf uns wirken, landen wir irgendwann mal in der Vorantike, also in der Steinzeit. Da haben sich Menschenstämme wegen Kleinigkeiten gegenseitig massakriert.
Jüngst wurde ja der Beweis erbracht, dass der moderne Mensch den Neanderthaler "verdrängt" hat. Zwar sind Schnippsel Neanderthaler-Genom noch im modernen Menschen nachweisbar, aber "Multikulti-Vermischung" war wohl auch schon in der Eiszeit nur ein Minderheitenthema. Die Mehrheit hat, so die Erkenntnisse, möglicherweise den Neanderthaler als Nahrungskonkurrent erkannt, gejagt und anschließend gar rituell (oder in der Not getrieben?) vervespert.

Wenn wir uns DIE Schuld auch noch aufladen und sich irgendwer findet, der Ankläger für die Sache der Neanderthaler spielen möchte, dann wäre jeder einzelne von uns dem vollumfassenden Genozid an den Neanderthalern schuldig. Welche Wiedergutmachung sollen wir da leisten?

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (15.06.2020 12:45).

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