In der Entwicklung der (bundes-)deutschen Parteienlandschaft gab es
bis zu den 80er Jahren zwei Blöcke, die sich in politschen
Überzeugungen teilweise unterschieden, aber teilweise oft ähnliche
Politik machten. Ostverträge, Atombewaffnung und Gesamtschulen hin
oder her: Die Grundlinien der Politik waren oftmals gleich, und sie
waren geprägt vom Glauben an Fortschritt (die technische Entwicklung
wird uns schon helfen, die Probleme zu lösen) und wirtschaftliches
Wachstum (Wohlstand wird generiert aus immer mehr
Ressourcenverbrauch).
In den 80ern wuchs der Anteil der Bevölkerung, die das ein bisschen
anders sahen. Das war im Kern eine bürgerliche Bewegung (deswegen
hatte die SPD so lange ein kulturelles Problem damit), und sie war
vor allem eines: skeptisch. Nachrüstung? Ich bin nicht überzeugt,
dass unsere Raketen gut und die der anderen böse sind (klappt auf
beiden Seiten!). Chemische Industrie? Ich möchte irgendwie, naja,
natürlicher leben, deswegen finde ich ganz pauschal und unreflektiert
Chemie nicht gut. Atomkraft? Die wurde aus einer Vielzahl von Gründen
abgelehnt: Strahlung, Entsorgung, und nicht zuletzt der
"politisch-industrielle Komplex", der dahinter steckte. So, aus
diesem Klima kamen also die Grünen, und diese Einstellungen gibt es
bei ihnen heute noch.
Die Piraten sind in einem Punkt wieder etwas völlig neues: Die
meisten ihrer Mitglieder und Anhänger gehören zu einer neuen
technischen "Intelligenz", die es ohne die Computerisierung des
Alltagslebens und ohne das Netz gar nicht geben würde. Sie bringen
neue Prägungen (auch durch ihre Lebens- und Arbeitsverhältnisse, ihr
Freizeitverhalten usw.) und neue Überzeugungen ein, vor allem aber
haben sie zwar grundsätzliche Kritik an den bürgerrechtsfeindlichen
Tendenzen der Netzgesellschaft, wollen die Macht von Staat und
Industrie reduzieren - aber sie haben kaum Skepsis gegenüber der
Technik und ihren gesellschaftlichen Auswirkungen an sich. Da steckt
auch ein ziemlich ideologiefreies "die Welt ist so" drin, was
allerdings ähnlich radikale Positionen zu "netzfernen" Themen etwas
erschwert. Piraten sind ein bisschen konservativ in der Hinsicht,
dass nicht einfach ein Großkonzern oder Innenminister ankommen und an
"ihrem" Netz rumfummeln darf, und sie wollen auch nicht plötzlich
überall Preisschilder sehen (um es mal etwas locker zu formulieren).
Es bleibt wirklich interessant abzuwarten, was sich aus diesem
einfach neuen Teil des politischen Spektrums so entwickeln wird. Und
das sage ich, obwohl ich mich bei den Grünen insgesamt besser
aufgehoben fühle.
bis zu den 80er Jahren zwei Blöcke, die sich in politschen
Überzeugungen teilweise unterschieden, aber teilweise oft ähnliche
Politik machten. Ostverträge, Atombewaffnung und Gesamtschulen hin
oder her: Die Grundlinien der Politik waren oftmals gleich, und sie
waren geprägt vom Glauben an Fortschritt (die technische Entwicklung
wird uns schon helfen, die Probleme zu lösen) und wirtschaftliches
Wachstum (Wohlstand wird generiert aus immer mehr
Ressourcenverbrauch).
In den 80ern wuchs der Anteil der Bevölkerung, die das ein bisschen
anders sahen. Das war im Kern eine bürgerliche Bewegung (deswegen
hatte die SPD so lange ein kulturelles Problem damit), und sie war
vor allem eines: skeptisch. Nachrüstung? Ich bin nicht überzeugt,
dass unsere Raketen gut und die der anderen böse sind (klappt auf
beiden Seiten!). Chemische Industrie? Ich möchte irgendwie, naja,
natürlicher leben, deswegen finde ich ganz pauschal und unreflektiert
Chemie nicht gut. Atomkraft? Die wurde aus einer Vielzahl von Gründen
abgelehnt: Strahlung, Entsorgung, und nicht zuletzt der
"politisch-industrielle Komplex", der dahinter steckte. So, aus
diesem Klima kamen also die Grünen, und diese Einstellungen gibt es
bei ihnen heute noch.
Die Piraten sind in einem Punkt wieder etwas völlig neues: Die
meisten ihrer Mitglieder und Anhänger gehören zu einer neuen
technischen "Intelligenz", die es ohne die Computerisierung des
Alltagslebens und ohne das Netz gar nicht geben würde. Sie bringen
neue Prägungen (auch durch ihre Lebens- und Arbeitsverhältnisse, ihr
Freizeitverhalten usw.) und neue Überzeugungen ein, vor allem aber
haben sie zwar grundsätzliche Kritik an den bürgerrechtsfeindlichen
Tendenzen der Netzgesellschaft, wollen die Macht von Staat und
Industrie reduzieren - aber sie haben kaum Skepsis gegenüber der
Technik und ihren gesellschaftlichen Auswirkungen an sich. Da steckt
auch ein ziemlich ideologiefreies "die Welt ist so" drin, was
allerdings ähnlich radikale Positionen zu "netzfernen" Themen etwas
erschwert. Piraten sind ein bisschen konservativ in der Hinsicht,
dass nicht einfach ein Großkonzern oder Innenminister ankommen und an
"ihrem" Netz rumfummeln darf, und sie wollen auch nicht plötzlich
überall Preisschilder sehen (um es mal etwas locker zu formulieren).
Es bleibt wirklich interessant abzuwarten, was sich aus diesem
einfach neuen Teil des politischen Spektrums so entwickeln wird. Und
das sage ich, obwohl ich mich bei den Grünen insgesamt besser
aufgehoben fühle.