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  • Liquor_Aluminii

mehr als 1000 Beiträge seit 23.07.2007

Re: Der Unsinn mit dem Placebo-Effekt

Mathematiker schrieb am 22. Oktober 2015 19:05

> Der Placebo wurde eingeführt, um überhaupt so etwas, wie eine
> Vergleichbarkeit bei den klinischen Studien herstellen zu können. 

Genau, man macht das eigentlich nur, um das lästige
Hintergrundrauschen zu entfernen. Dabei ist noch nichtmal gesagt,
dass den Placebo-Positiven überhaupt eine unerklärliche positive
Wirkung zuteil wird, denn die Methodik wirkt genauso auf die andere
Seite der Normalverteilung.
Teste ich ein neues Medikament auf dosisabhängige Wirksamkeit, führen
übermäßig starke Responder genauso zu einem Rauschen, wie übermäßig
schlechte. Beide fliegen folglich erstmal raus, und am Ende 'wirkt'
mein Stoff nur bei 30% wirklich nachvollziehbar dosisabhängig.

Oder ich fahre meine monatelange Testserie in einem Land wie den USA,
wo Gesundheit ein 'sine qua non'-Kriterium ist und die Leute bei
ausbleibender Besserung alle möglichen anderen Mittelchen besorgen
gehen. 

Glauben schenken würde ich eh nur noch multizentrischen klinischen
Studien, wo die Patienten am Besten das Krankenhausgelände gar nicht
verlassen dürfen. 
Gleichzeitig stellt sich die Frage, bei welchen Wirkstoffen für
tatsächlich lebensbedrohliche Krankheiten überhaupt noch Placebos
gegeben werden - normalerweise vergleicht man da doch eher mit dem
Goldstandard. 
Ob ich nun ein neues Analgetikum teste, ein Kreislaufmedikament oder
ein Zytostatikum... 

> Viele Erkrankungen, wie z.B. Schnupfen, Gripppe oder eine Erkältung
> können alleine durch die Selbstheilungskräfte des Körpers "geheilt"
> werden. Genauso ist es eine Binsenweisheit, dass das Verhalten des
> Kranken einen wesentlichen Einfluss auf den Krankheitsverlauf hat. So
> ist Schlaf immernoch die beste Medizin.

Erstmal kleine Korrektur: Schnupfen, Grippe und Erkältung werden
praktisch ausschließlich vom Körper selbst geheilt. Antivirale oder
antibakterielle Medikamente sind lediglich Starthilfe bzw. sollen ein
bisschen Zeit erkaufen, bis das körpereigene Heer mobilisiert ist. 

Aber auch korrekt beobachtet: Krankheiten kommen _immer_ unpassend.
Wenn ich schon Schmerzmittel, Antisymptomatika und dergleichen
einwerfe, dann will ich auch ein-zwei Tage später wieder zur Arbeit.
Fühle mich doch auch viel besser! 
Ohne das Zeug fühlt man sich halt scheiße und bleibt zuhause. Da
entgeht den lieben Kollegen glatt die nächste Erkältungswelle. :-)

Jetzt die Transferaufgabe: Kann man nicht _mit_ dem Zeug ne
gemütliche Woche zuhause bleiben? Der Durchschnittspatient scheitert
hier. 

> Was das Thema Depressionen betrifft: Da gibt es weder eine objektive
> Diagnose der Erkrankung, noch des Wohlbefindens. Zusätzlich stellt
> sich auch hier die Frage, in wie weit die Pillenvergabe auch in ein
> erweitertes Konzept, z.B. einer Gesprächstherapie, eingebunden ist.

Ich gehe mal davon aus, dass eine medikamentöse Therapie immer vom
Headshrinker begleitet wird. Das ist eigentlich Standard, denn dass
die Medikamente hier die Psychotherapie begleiten und nicht
andersherum, sollte man als bekannt voraussetzen können.
Hierbei eine Verbesserung bei (willkürlich gewählt) 'nur' 20 Prozent
der Patienten zu beobachten, ist in meinen Augen keine
Disqualifizierung für solch ein Medikament. 

> Das sich die USA von den anderen Ländern unterscheidet, hat neben
> kulturellen Gründen ggf. auch mit dem Gesundheitssystem zu tun. Wenn
> jeder Arztbesuch (viel) Geld kostet, wird der Arztbesuch oft so weit
> wie möglich nach Hinten verschoben.

Gleichzeitig sind unheimlich viele Medikamente für schmales Geld
überall zu erwerben. Von illegalen Drogen und obskuren
Nahrungsergänzungen/Vitaminpillen gar nicht angefangen. 
Auch kriegst du viel leichter opioide Schmerzmittel (lässig 'Vicodin'
plöppen), als eine gescheite Diagnose. Für ersteres brauchst du nur
5min einen desinteressierten Arzt zu bezahlen, danach ein paar Ocken
für den Apotheker. Letzteres kostet dich deinen rechten Arm und den
Erstgeborenen, bevor der Diagnostiker überhaupt das MRT warmlaufen
lässt....

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