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  • Emrymer

mehr als 1000 Beiträge seit 28.08.2020

Die Eindeutigkeit einer Wortfolge und das Fehlen eines eidetischen Gedächnisses

Aber daraus folgt ja nicht, dass ich den Wortlaut abschreiben darf.

Aber wie einmalig ist eine Wortfolge in der deutschen Sprache?
D.h. wie wahrscheinlich ist es, daß es zu einer bestimmten Wortfolge unabhängig voneinander kommen kann?

Das hängt natürlich an der relativen Häufigkeit (bzw. eher: Seltenheit) der einzelnen Bestandteile. Ein Satz, der aus lauter häüfigen Bestandteilen zusammengesetzt ist, kann völlig unabhängig von einer Quelle sozusagen "neu" entstehen, weil es nicht unendlich viele Möglichkeiten gibt, Dinge zu formulieren. Das Gras ist grün, der Himmel blau... ver***, wen habe ich hier nun gerade wieder zitiert?

Und Sätze, die den allgemeinsten Regeln der jeweiligen Sprache folgen, können auch mit seltenen Bestandteilen trotzdem ohne "Abschreiben" entstehen, eben weil sie sozusagen der "Normalfall" der jeweiligen Formulierung sind. Es kann also auch gänzlich ohne Abschreiben zu demselben Satz kommen.

Wenn man jedenfalls nur danach geht, ob ein bestimmter Satz schon einmal schriftlich fixiert wurde, ist praktisch jeder, der in den letzten Jahrzehnten etwas veröffentlich hat, des Plagiats verdächtig oder sogar anscheinend schuldig, denn jeder außer dem, der diese Wortfolge zuerst auffindbar niedergelegt hat, hat sie ja dann "wiederverwendet", ob nun mit oder ohne Kenntnis der Quelle.

Bestimmte Formulierungen sind darüber hinaus einprägsam, z.B. weil sie besonders gut "passen". Wer nicht gerade über ein eidetische Gedächnis verfügt, das ihm zuverlässig mitteilt, wann und wo genau diese Formulierung einem begegnet ist, würde man sie dennoch gerade dewegen nicht aufgreifen dürfen: sie wären ja plagiiert. (Oder reicht: "Quelle unbekannt", um sich vor dem Vorwurf zu schützen?)

Irgendwie scheinen mir bei manchen Leuten in dieser Sache Maß und Mitte verlorengegangen zu sein.

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