Ansicht umschalten
Avatar von FlinxInFlux
  • FlinxInFlux

mehr als 1000 Beiträge seit 26.01.2006

Re: Warum braucht eine Demokratie überhaupt Parteiverbote?

seneca13 schrieb am 11.01.2024 11:41:

Das ernstlichere Problem ist, dass es seit wirklich vielen Jahren keinen merklichen Unterschied mehr macht, wer an der Regierung ist.

Das halte ich für eine falsche Beobachtung. Natürlich macht die neue Regierung nicht alles anders - und hat gleichzeitig mit den Folgen der Pandemie und des Angriffskriegs in der Ukraine zu kämpfen. Trotz allem versucht sie in vielen Bereichen neue Impulse zu setzen, insbesondere bei der Energiewende.

Apropos: Ich frage mich, ob es der alten Regierung genauso schnell gelungen wäre, die russischen Gaslieferungen (die wohlgemerkt von Russland einseitig zuerst in 2021 reduziert und 2022 dann eingestellt wurden bevor NS gesprengt wurde) mit Lieferungen aus anderen Ländern zu substituieren.

Tatsächlich halte ich den aktuell eskalierenden Widerstand von (traditionell konservativen) Interessensverbänden wie dem (Groß-)Bauernverband für den Beleg dieser These. Da wird eine lächerlich anmutende Streichung von Subventionen zum Anlass genommen, eine Art Generalstreik auszurufen.

Und, dass die Menschen nicht mehr abnehmen, dass "die Politik" diese in ihrem Sinne macht.

Das ist in der Tat ein Problem. Wenn ich allerdings hier oder in Sozialen Medien einschlägige Beschwerden lese, fasse ich mich des öfteren an den Kopf, denn da ist leider recht häufig schlicht Bullshit dabei.

Nimm die Kriminalitätsentwicklung: Deutschland ist im internationalen Vergleich eines der sichersten Länder überhaupt. Die Anzahl Straftaten ist in den letzten 20 Jahren um fast eine Million Fälle GESUNKEN. Das gilt besonders für schwere Verbrechen wie Morde, deren Anzahl sich seit 2022 rund halbiert hat.

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/197/umfrage/straftaten-in-deutschland-seit-1997/

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1100598/umfrage/polizeilich-erfasste-faelle-von-mord-in-deutschland/

Was aktuell über die Energiesituation von "interessierter Seite" verbreitet ist, spottet oft jeder Beschreibung. Desinformation ist da noch viel zu milde ausgedrückt.

Das mag an unterschiedlichsten Gründen liegen - aber auch daran, dass Lebensrealitäten nicht mehr tatsächlich ernst genommen werden und auch niemand glaubwürdig vermitteln bereit ist, dass er sich dafür einsetzen will, dass diese Realität angesehen und zu einem besseren verändert wird.

Sehe ich anders. Ich meine, dass das v.a. mit veränderten Mediennutzungsverhalten zu tun hat. Dass Leute wider allen Fakten behaupten, Deutschland würde immer unsicherer werden und die Energiewende komplett gescheitert wäre, kann nur mit dem wachsenden Einfluss von Fakenews erklärt werden. Die teilweise auch von "unfreundlich gesinnten Staaten" aktiv gesponsert wird.

IM Gegenteil, es wird von "kommunikativen Vermittlungsschwierigkeiten", "mangelnder Kommunikation" gesprochen und damit dem mündigen Bürger (dem eigentlichen Souverän) vermittelt, er "hat's nur nicht begriffen" bzw. "blickts nicht".

Das ist in der Tat die naheliegendste Erklärung.

Gleichzeitig ist Geld im Überfluss da
für Bankenrettung, untauglichen Impfstoff, jetzt Militär und Stützung fremder Staaten, Euro-Rettung, ...

Käse. Du fällst selbst auf dieses absurde Framing herein.

Und, geht's um Polarisierung ( gegen Arbeitslose, Impfgegner, dem " kleinen Mann", ...) : ehrlicherweise gibt's da wenig "kommunikative Vermittlungsschwierigkeiten" auch von Politikern etablierter Parteien!

Jetzt wird es noch absurder. Ausgerechnet die AfD und deren Anhänger sind die Avangarde, wenn es darum geht, Senkungen beim Bürgergeld bzw. härtere Sanktionen für "Arbeitsscheue" zu fordern.

Dieses Glaubwürdigkeitsproblem, was auch ein Vertrauensproblem ist, schafft die AfD auf's meisterliche, aufzugreifen und zu nutzen!

Ja, weil das gewissenslose Populisten sind, die Ihrerseits nur das Wohl einer kleinen Oberschicht im Sinn haben und für dieses Ziel alles behaupten würden.

Und anstatt da dagegen was zu tun - nämlich durch konkretes Handeln die AfD Lügen zu zeihen - spulen Politiker genau die gleichen Sprechblasen [...]

Die Leute, die auf die Lügen und Übertreibungen der AfD hören kannst Du mit Fakten gar nicht mehr erreichen. Deren Meinungsbildung ist inzwischen rein emotional verankert. Da könnte ein möglicherweise ein charismatischer Politiker helfen, aber wer hat denn angesichts der letzten Jahre noch Lust, für alle den Watschenmann zu spielen und sogar in Kauf zu nehmen, dass man ihn bei der Rückkehr aus dem privaten Weihnachtsurlaub bedroht?

Vergleichen Sie das heutige Politikerhandeln doch mal z.B. mit der Aufbruchstimmung, die eine Regierung Brandt - auch in sehr unruhigen Zeiten international und national - entfalten und entfachen konnte!

Eine ganz andere Zeit. Tatsächlich war damals in der Gesellschaft der Muff der Nazi- und sogar der Kaiserzeit noch allgegenwärtig und der gesellschaftliche Umgang miteinander (sowie die Ungleichheit) wesentlich härter als heute. Damals ging es um echte Verbesserung der Lebensumstände. Die AfD jedoch bringt im Bundestag lieber dutzende Eingaben zum Thema Gendern und "Wokismus" ein, anstatt sich um die wirklichen Probleme zu kümmern.

Leider finde ich den Clip mit Trump nicht mehr, in dem er während einer seiner Ralley-Reden kurz (vor allen Leuten) über die Frage sinnierte, warum sich seine Anhänger lieber für Anti-Woke-Sprüche und Abtreibungsverbote als für Infrastrukturausbau und Krankenversicherungen interessieren würden. Das war für mich ein absoluter Augenöffner.

"Demokratie wagen" ist diametral zu " sie haben's nicht verstanden"!

Niemand sagt " sie haben's nicht verstanden", das ist in meinen Augen eine böswillige Unterstellung. Richtig ist vielmehr "so interessieren sich gar nicht dafür". Das ist auch der Grund, warum ich das Verhalten "Wohlstandsverwahrlosung" genannt habe.

Flinx

Bewerten
- +
Ansicht umschalten