Man kann der PiS vieles vorwerfen, - ein neoliberale Partei ist sie nicht. Der Morawiecki-Plan, über den in Deutschland so gut wie gar nicht berichtet wird, geht eher in Richtung staatsinterventionistischer Kapitalismus.
Im praktischen Regierungshandeln drückt sich dies z. B. darin aus, dass 14 Unternehmen im Staatsbesitz als "strategisch" und "unverkäuflich" deklariert werden. Der Staat soll auch mittels eines "Nationalfonds" Technologie- und Forschungsförderung betreiben und den Aussenhandel stärken. China lässt grüssen.
Neben der grossen Abhängigkeit von ausländischen Akteuren hat Morawiecki die niedrigen Löhne und Einkommen als Hauptmangel der polnischen Wirtschaft beklagt. Dem versucht man gegenzusteuern durch die, z. T. drastische Erhöhung von Sozialleistungen wie des Mindestlohns.
Letztlich ist es dieses staatsinterventionistische Wirtschaftskonzept, dass die EU zu dem Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen veranlasst hat und nicht das Gehampel um die Justizreform. Dass die EU knallharte Interessenpolitik im Sinne der Grosskonzerne und der Finanzoligarchie betreibt und nicht von Sorgen um den Rechtsstaat bewegt wird, zeigt ja auch, dass ein solches Vertragsverletzungsverfahren z. B. gegen Luxemburg trotz des von dort organisierten gigantischen Steuerbetrugs strikt abgelehnt wird.