Pnyx (1) schrieb am 21.05.2021 22:15:
Über die Genealogie der Schuldenbremse zu streiten lohnt nicht, ich bleib bei meiner Aussage.
Und ich bleib bei meiner, solange Sie Ihre Aussage nicht belegen können, ok? Aber es lohnt tatsächlich nicht.
Ihren restlichen Ausführungen könnte man folgen, wenn... ja wenn wir nicht längst in der Zombiephase des aktuellen kapitalistischen Grosszyklus angekommen wären. De facto herrscht MMT, bedeutet in der Praxis das grenzenlose Aufblasen der Geldmenge. Funktioniert natürlich nur für Staaten mit Devisenwährung und am besten für die Herren der Leitwährung.
Für meinen Geschmack ein bisschen zu fatalistisch und hyperbolisch. Ich halte MMT für interessegeleiteten Humbug, habe mich aber noch nicht im Detail damit befasst.
Die Zentralbanken kaufen jeden Monat Wertpapiere en masse. Längst liegen in den Tresoren z. B. der EZB mehr als ein Drittel des europäischen Gesamtvolumens, die Bilanzsumme vervielfacht sich munter. Da kommts auch in Deutschland auf zehn, zwanzig Prozent mehr Schulden nicht an. Der Finanzminister kriegt ja noch Geld dafür...
a) Der Unterschied zwischen einer Zentralbankbilanz und Staatsschulden ist ihnen klar?
b) Quelle für das Drittel des Wertpapiervolumens?
c) Heute und morgen machen 20% mehr Schulden tatsächlich nix aus. Es könnte sogar "rational" sein, mitzumachen, denn wenn der Tsunami kommt macht es keinen Unterschied, ob man Schwimmflügelchen hat oder nicht.
Zugegeben, es riecht nach Ponzi. Es gibt zwei Platzwege, entweder eine Vertrauenskrise, die Leute schieben aus irgendeinem äusseren Anlass Panik und flüchten aus der betreffenden Währung, oder hohe Inflation, auf die die Zentralbank nicht wies im Büchel steht reagieren kann, weil dann die Börse sofort einen Crash hinlegt und all die Zombiefirmen den Pfau machen. Inflation in der landläufigen in der offiziellen Rate ausgedrückten Form kann man vermeiden, wenn man dafür schaut, dass das unendliche zusätzliche Fiat-Geld nicht oder nur in kleinen Mengen in den normalen Geldkreislauf gelangt, der grosse Rest im Finanzsektor kleben bleibt. Wie gehabt seit der Finanzkrise. Hat den Nachteil, dass die ökonomische Polarisierung laufend zunimmt... dritte Platz-Möglichkeit.
Es gibt noch eine vierte, weniger explosive, aber genau so fatale Möglichkeit: die Inflation steigt moderat (3 bis 4%) die EZB hebt die Zinsen ebenso moderat auf 4% an. Übrigens ein wahrscheinliches Szenario wenn die Nachholeffekte der Pandemie greifen. Das heisst, die fälligen Staatsschulden zu Minusprozenten müssen auf einmal zu 4% refinanziert werden. Das wird teuer. Aber wie oben schon als "rational" bezeichnet, werden uns ohnehin Frankreich, Italien und Spanien in den Strudel mit reinziehen, also ist après nous le deluge tatsächlich die billigste Strategie.