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Re: Die ärztliche Leichenschau

SeM schrieb am 13.12.2021 00:09:

cheche_fra schrieb am 12.12.2021 13:29:

Nur, wenn es todesursächlich war.
Da kann aber in der primären Leichenschau einzig "Pneumonie" gelten, egal, ob bakteriell oder viral, und erstrecht, welcher spezifische Erreger.

Das ist falsch. Ich kenne jetzt nicht die Leichenschauscheine anderer Bundesländer, aber bei uns wird immer eine ICD10-Diagnose eingetragen, und dort soll man, wenn der Erreger bekannt ist und in ICD10 enthalten, ihn auch eintragen, z.B. J10 für Influenza-Pneumonie, J13 für Pneumokokken-Pneumonie. Alles andere wäre nicht korrekt.

... wenn der Erreger bekannt ist. Welcher Heimarzt, gilt aber auch für die meisten "altgedienten" Hausärzte, macht denn schon eine Erregerbestimmung, möglichst gleich noch mit Antibiogramm?! Kostet doch nur und bringt nichts ein ;o)

Arte legis wäre es nötig, aber es wird in deutschen Arztpraxen schon lange sehr viel gepfuscht... und in der medizinischen Heimbetreuung noch deutlich mehr!

In einer weiterführenden Obduktion würde dann hier genauer differenziert werden, nicht jedoch auf dem Totenschein.

Das ist auch falsch. Für die Erregerdiagnostik, insbesondere für Bakterien, entnimmt man Proben vor der Behandlung, weil sonst der Nachweis erschwert oder sogar unmöglich werden kann. Es könnte also sein, dass der Pathologe keinen Erreger mehr findet, weil die Antibiotika die Bakterien so abgeschwächt haben, dass sie nicht mehr wachsen. Deswegen braucht er auch die Vorbefunde.

Wie gesagt, arte legis völlig richtig. Nur in der alltäglichen Praxis sieht es völlig anders aus. Erstmal mit Breitbandantibiotikum drauf und abwarten...
Oftmals wird ja nicht mal zwischen Pneumonie und Bronchitis unterschieden...

Wünschenswert wäre eine Behandlung nach den Regeln der Kunst, stattdessen haben wir traurigerweise eher Behandlungen nach Fallpauschale, Versicherungsstatus und Renditeaussicht...

Außerdem finden leider seit Jahren viel zu wenige Obduktionen statt, weil die Patienten (im vorauß), bzw. die Angehörigen dem nicht zustimmen. Zumindest im Krankenhaus ist es so.

Dem kann ich uneingeschränkt zustimmen! Es ist dabei aber auch ein Zusammenspiel zwischen Ärzten und Angehörigen...

Ich gebe dir mal das Beispiel meines eigenen Vaters:
Vorerkrankungen: Schwerhörigkeit, zunehmende Erblindung, progressive Demenz, 13 Schlaganfälle, 4 Herzinfarkte, Linksherzschwäche, Diabetes mellitus Typ 2, progressive Niereninsuffizienz, dialysepflichtig mit Dauershunt...

Wurde von der Dialysestation an den Rettungsdienst übergeben, weil nach der Dialyse kollabiert. Auf dem Weg in die Klinik Bluterbrechen und Bewusstseinsverlust.

Klinisch festgestellte "Spindel-Tachykardien" (Torsade de pointes). Magnesiumgabe. Vier Reanimationen. Nach sechs Tagen verstorben.
Post mortem festgestellte schwere Infektion des Dialyseshunts mit Streptokokken...

Was war wohl die auf dem Totenschein eingetragene Todesursache?
"Herzversagen"!

Möglicherweise nicht korrekt. Kommt aber darauf welche ICD10 Nummer dabei stand und wie es genau formuliert wurde.
Ich zitiere:

Keinesfalls sollen in die Todesursachenkaskade vom Grundleiden zur letztendlichen Todesursache funktionelle Endzustände, die konstitutiver Bestandteil jedes Sterbeprozesses sind, eingetragen werden wie Herzstillstand, Atemstillstand, elektromechanische Entkopplung.

Quelle: https://www.aerzteblatt.de/archiv/77950/Aerztliche-Leichenschau

War auch nur ein verkürztes Beispiel. Wobei die ICD tatsächlich nur die Herzkomplikation widerspiegelte.

Wobei ich bei "Bluterbrechen" mit nachfolgender Bewusstlosigkeit an Hb-/volumenrelevante gastrointestinale Blutung denken würde, die dann auch nichts mit der Infektion zu tun hätte. Ist aber natürlich nur eine Spekulation.

Kommt der Realität schon sehr nah. Die Infektion war aber ausschlaggebend für die folgende Kaskade von Nierenversagen und in Folge Tachykardien, gepaart mit einer Myokarditis... Die Antibiose wurde ja auch erst nach meinem Drängen nach vier Tagen begonnen. Man sah ja keinen Anlass... den gab es erst hinterher.

Dass dies eine Folge der Infektion, die wiederum sowohl Folge des ohnehin geschwächten Immunsystems als auch der Dialyse, welche wieder Folge der diabetischen Niereninsuffizienz war, darstellt, geht da halt nicht draus hervor...

An sich gehör da eine Kausalkette rein. In dem DÄ-Artikel ist es eigentlich gut erklärt.

Ist aber dort nicht vorgesehen. Eine ICD muss reichen...
Natürlich wäre es wünschenswert, würde sich diese Sichtweise auf allen Seiten endlich mal ändern.

Wäre das ganze ein Jahr später passiert, hätte wahrscheinlich auch "Corona" auf dem Totenschein gestanden...

Nur mit positiven Test.

Der bei Heimunterbringung und Behandlung in einer Klinik mit zuvor ohnehin der höchsten MRSA-Quote der Republik ziemlich wahrscheinlich gewesen wäre... Dazu kommt das persönliche Pech...

Übrigens recht angenehm, mal auf sachlicher Ebene zu diskutieren, wo das Gegenüber nicht immer gleich in Verbalinjurien abgleitet. Danke...

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