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  • Mrothyr

mehr als 1000 Beiträge seit 01.06.2001

Re: Warum ist die Angst vor linkem Populismus so gross?

Das Links-Rechts-Schema ist schon vor Jahren gescheitert. Und seit Jahren haben wir eine massive Simplifizierung der politischen Rhetorik. Die Links-Rechts-Zuordnung ist, auch und gerade mit der Entwicklung der linksidentitären Politik, selbst zu einem identitären Maßstab geworden.

Wir haben politisch zwei Achsen - einmal die, wie sich Staat und Wirtschaft und andererseits die wie sich Bürger und Wirtschaft zueinander positionieren. Seit Jahren setzen sich auf beiden Achsen autoritäre, staatsgläubige Konzepte durch. Allerdings auf unterschiedliche Art. Während die Beziehung zwischen Staat und Bürger immer mehr durch einen autoritären Staat geprägt ist, entwickelt sich die Beziehung zwischen Wirtschaft und Staat immer mehr zu einer Schwächung des Staates als Garant eines _funktionierenden_ Marktes. Das führt dazu, dass nach dem Marktversagen und der Stärkung der wirtschaftlichen Oligopole durch die Freihandelsideologie bzw. die wirtschaftsliberale Politik die globalen Konzerne den Staat übernommen und über diesen in die Freiheit der Bürger eingreifen (eine moderne Variante der Stamokap-Entwicklung). Die "progressive" Linke hat sich zum Werkzeug dieser Mechanismen machen lassen, während die "neue Rechte" den Autoritarismus bekämpft. Nicht aus Überzeugung, sondern weil ihnen diese Rolle in diesem Konflikt offenblieb.

Der Konflikt der Zukunft ist nicht der zwischen "links" und "rechts", sondern der zwischen Autoritarismus und Liberalismus. Also zwischen freien Bürgern und einem Staat, der von Kapitalkonzentrationen zum Werkzeug gegen diesen Bürger gemacht wurde und dabei die Identitäten von Menschengruppen als Maske und die diese Identitäten vertretenden (ob aus Überzeugung oder Opportunismus) Akteure als nützliche Idioten benutzt. Die Japrizierung auf den Linjs-Rechts-Konflikt ist nur ein weiteres Mittel, den Bürger mit der moralischen Waffe von der Vertretung der eigenen Interessen abzuhalten.

Traurig ist, dass die moderne Linke in der Breite Marx & Co. nur noch als Virtue Signalling im Schrank stehen hat. Marx war in der _Analyse_ nämlich recht stark. Aber die moderne Linke ist über den Paläokommunismus der Stalin-Mao-Zeit nicht hinausgekommen - eher im Gegenteil. Der progressiven Mehrheitsströmung der Linken grad im Westen fehlte eine Entstalinisierung, weswegen sie jetzt endgültig am Autoritarismus des 20. Jahrhunderts scheitert. Und das nicht wegen der Rechten, sondern weil der Linken die "Arbeiterklasse", ihre eigentliche Identität, mit dem Ende der Industriegesellschaft längst verlorengegangen ist und die diversen Ersatzidentitäten im Einzelnen IMMER Minderheitsstandpunkte sind, die in einem Selbstverstärker den Prozess diese politische Strömung von innen in immer kleinere, oartikuläre Interessenvertretungen zerlegen. Sozusagen das Scheitern der "diversen" Politik an sich selbst.

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