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  • Pnyx (1)

mehr als 1000 Beiträge seit 01.07.2017

Gattopardo

Zusammenfassend; die Zustände sind arg, wir haben keine Ahnung was kommen wird, die Zukunft ist offen.

Das hätte man auch kürzer formulieren können. Der interessante Einstieg über Wallerstein verstiebt. Warum die Endphase des Kapitalismus wie wir ihn kennen, in den Siebzigern begonnen habe und nur durch glückliche Umstände bis 2008 habe aufgeschoben werden können, und noch weiter, bis heute, allerdings dann schon mittels Umwertung aller ökonomischen Werte, ganz eigentlich durch die Zombifizierung der Wirtschaft mit Hilfe eines deus ex Zentralbank, beantworten die Autoren nicht, sondern verzetteln sich in Details und leicht verschwörungstheoretisch angehauchten Formulierungen:

Während allerdings der virale Infekt - in Kooperation mit kaputtgesparten Gesundheitssystemen - nur ganz wenige Menschen trifft, die an und mit ihm zugrunde gehen...

Nicht der Virus, der 'nur ganz wenige Menschen trifft', wobei man sich unwillkürlich fragt, wie viele Schwererkrankte und davon Sterbende es brauche, damit es nicht mehr 'ganz wenige' seien, also nicht der Virus, sondern der Wille der Eliten zur schöpferischen Zerstörung sei es, der zur aktuellen Situation geführt habe. Es ist bezeichnend, dass die ökologische Frage im gesamten Text totgeschwiegen wird. Es gibt grosse Schnittmengen zwischen Klimawandel- und Pandemiefolgenverharmlosern.

Dass die Menschen ganz spontan und ohne äussere Motivation Angst vor dem Virus haben könnten, kommt den Autoren nicht in den Sinn. Von den Streiks in vielen Ländern, mit denen sich Arbeiter und Angestellte dagegen wehren, unter unsicheren Bedingungen weiterarbeiten zu müssen, haben sie wohl nichts vernommen. Worauf ich hinauswill - die Regierungen sind nicht so frei in ihren Entscheidungen, wie es aussieht. Vermutlich waren die Bevölkerungen noch nie so 'ängstlich' wie sie es heute sind, Regierungsexponenten, die nicht drastisch reagieren, riskieren schnell vom Hof gejagt zu werden.

Die Wirtschaftsvertreter können noch so schreien, ihre Profitmaschinen werden gestoppt und auch nicht unmittelbar wieder angeworfen. Die Weitermacher würden gern weitermachen, werden aber dran gehindert. Dann eben den Geldhahn öffnen, den öffentlichen und den der Zentralbanken, das ist ihnen die zweitbeste Lösung. Obwohl der Prozess der Zombifizierung damit weiter vorangetrieben wird, das Schuldengebirge endgültig ins nicht mehr Abtragbare emporwächst. Das will an sich niemand, aber im Tunnel kann man nur vor- oder rückwärts laufen und rückwärts gehen - den ökönomischen Radikalisierungsprozess der letzten Jahrzehnte zurücknehmen - ist nicht vorstell- und wahrscheinlich auch nicht machbar.

Die Einschränkungen bürgerlicher Freiheiten und ihre ökonomischen Folgen, bzw. die dadurch ausgelöste Flut an Rettungs- und Stimulierungspaketen gewaltigen Umfangs sind also nicht Teil eines infamen Planes, sondern Ausdruck des unbedingten Willens weiter zu machen. Es handelt sich um den verzweifelten Versuch durch faktische Aufhebung der Ideologie die Ideologie zu retten. Wirklich alles zu ändern, damit alles gleich bleibe. Im Nachgang von 2008 hat das funktioniert. Ich glaube nicht, dass man das, noch dazu mit stark erhöhten Volumina, wiederholen kann. Also ja, die Zukunft ist offen.

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