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  • RFish

691 Beiträge seit 01.01.2013

Widerspruch zur vierten Schlussfolgerung

Herr Kolenda, ich schätze ihre sachlichen und faktenorientierten Artikel sehr. Ihre Kritik an einer einseitigen Fokussierung auf eine somatische Ursache - insbesondere von CFS - teile ich jedoch nicht.

Denn diese einseitige Fokussierung auf somatische Ursachen ist die Gegenreaktion auf die vorher übliche "Psychologisierung" der CFS-Erkrankung, mit der die Patienten über viele Jahre zu kämpfen hatten. Sie hat einem großen (dem größten?) Teil der Patienten nicht geholfen und sie wahlweise als psychisch krank oder faul abgestempelt.

Ich möchte in dem Zusammenhang auch an die rückblickend abenteuerlichen Behandlungs- und Erklärungsansätze bei Magengeschwüren erinnern. Erst mit der Entdeckung von Helicobacter pylori gab es dann eine rationale Erklärung - nach dem Selbstversuch seiner Entdecker.

Die CFS-Diagnose ist nach wie vor eine reine Ausschlussdiagnose - ein absolut unhaltbarer Zustand. In der Ursachenfindung darf man sicherlich keine Ursache ausschließen. Man muss aber strikt darauf schauen, welche Erklärung und welche Behandlungsansätze den Patienten real helfen. Diese müssen dann statistisch belegt werden. Diesen Nachweis vermisse ich bei den jahrelangen psychologisch basierten "Behandlungen" von CFS-Kranken, so daß ich (insbesondere als Naturwissenschaftler) diesen Erklärungsansatz als gescheitert betrachte.

Ein besonderes Problem bei "Long-Covid" mag sein, daß es sich dabei um ein Sammelsurium verschiedener Ursachen/Symptome handelt, die von Brain-Fog über handfeste Organschäden bis hin zu psychischen Problemen reichen mögen.

Woran "glaube" ich? Ich sehe bisher zwei Ansatzpunkte, die ich untersuchen würde:

Zum einen die Bildung von Auto-Antikörpern gegen G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (GPCR). Von diesen gibt es ca. 800 verschiedene im menschlichen Körper, was die hohe Bandbreite und unterschiedliche Intensität der CFS-Symptomatik erklären mag. Tendenziell wird dieser Ansatz mit dem Wirkstoff BC007 derzeit in einer Studie verfolgt. Ob der Wirkstoff die "richtigen" Autoantikörper addressiert, darf man zunächst bezweifeln. Wenn er einigen Patienten hilft, wäre es aber ein großer und vor allem richtungsweisender Erfolg!

Zum anderen ist von vielen viralen Infektionen bekannt, daß sie zu einer Veränderung der mitochondrialen Morphologie und Anzahl führen. Sie könnten eine mögliche Erklärung für Konzentrationsstörungen und eingeschränkte Leistungsfähigkeit liefern.

Bewiesen ist weder die eine noch die andere Vermutung. Auch gibt es viele weitere biochemische Erklärungsansätze.
Allen gemeinsam ist jedoch, daß sie nur mit viel Arbeit und finanziellem Aufwand zu untersuchen sind.
Dies ist in einem Land, das nach 70 Jahren wieder weltweite Kriege führen will, nicht mehr zu erwarten.

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