puer robustus schrieb am 10.04.2021 11:03:
phi711 schrieb am 10.04.2021 10:26:
...leider nein, Propaganda funktioniert nach wie vor bestens, vor allem wenn sie in dieser geballten Ladung über ein Jahr und global gleichgeschaltet durchgezogen wird.
Ehrlich gesagt hat man den Eindruck, dass die gebildeteren unter den Mitmenschen (die ja nicht zwangsläufig die intelligenteren sein müssen) oftmals ihre Bildung dazu nutzen, sich die Propaganda schön zu reden. Diese Menschen sind dann besonders anfällig, alles mögliche zu glauben, was die Obrigkeit ihnen zum Glauben vorwirft.
Genau das beobachte ich auch und erkläre es mir so, dass es die Gebildeteren und Intellektuellen auf der einen Seite einfach nicht wahrhaben wollen, was sich da vor ihren Augen abspielt, weil es so ungeheuerlich ist und ihr gesamtes Weltbild umwerfen würde.
Auf der anderen Seite sind gerade die Gebildeteren viel geübter darin, sich argumentativ eine unschöne Situation so zurechtzubiegen, dass sie leichter erträglich ist. Erich Fromm nannte das Rationalisierung.
Gunnar Kaiser hat mal bezogen auf das Buch "Schockstrategie" von Naomi Klein und die derzeitige intellektuelle Blindheit der Autorin folgendes geschrieben:
Mir ist bewusst, dass ich Kleins Buch gegen den Strich lese, sie selbst steht den Maßnahmen vollkommen unkritisch gegenüber. Aber das ist ja gerade das Erstaunliche, dass eine Naomi Klein das nicht merkt, dass ein Noam Chomsky das nicht merkt, dass genau das passiert, wovor sie seit Jahrzehnten warnen. Jetzt, wo es unter dieser Maßgabe der Gesundheitsförderung passiert, können sie es nicht wahrnehmen.
Das ist das neue an unserer Zeit, dass die Menschen umgedreht werden und dass sie ihrem eigenen Urteil nicht mehr vertrauen und dass sie ihr eigenes begriffliches und intellektuelles Instrumentarium nicht mehr zur Verfügung haben — dass es ihnen entglitten ist.
https://kenfmde.devinstance.de/die-grosse-umkehrung-von-gunnar-kaiser/
Mir kommen gerade die äußerst bewegenden Erinnerungen von Marie Jalowicz Simon in den Sinn: "Untergetaucht. Eine junge Frau überlebt in Berlin 1940–1945".
Als Jüdin kann sie der Deportation gerade noch entwischen und geht in den Untergrund.
Fünf Jahre lang gelingt es ihr, unter widrigsten Umständen unentdeckt zu überleben. Geholfen haben ihr die einfachen Menschen, während die Intellektuellen sie im Stich gelassen haben.
Bestürzend sind auch ihre Schilderungen über Verwandte und Bekannte, die als jüdische Intellektuelle brav ihre Koffer gepackt haben, um sich dann an den Sammelpunkten zur Deportation einzufinden, weil sie dachten, so schlimm wird es schon nicht werden.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (10.04.2021 22:15).