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  • /Rak

mehr als 1000 Beiträge seit 26.10.2001

Re: Ablenkungsmanöver

der ulix schrieb am 08.09.2023 11:14:

(...)
Hier geht es um Präventivhaft, und das auch noch für Leute die an gewaltfreien Protestaktionen beteiligt waren.

Ich mach es mal einfach und klar damit auch du die Chance hast zu folgen:

1.
Nötigungen durch sich ankleben sind im Gegensatz zu Sitzblockaden, bei denen sich deie Leute nur hinsetzen, nur leider nicht mehr wirklich gewaltfrei. Durch das sich ankleben wenden die Aktivisten bereits eine Form von physischer Gewalt an. Sehen nebenbei auch die obersten Gerichte so. Verweise zu entsprechenden Richtersprüchen von BGH und BVerfG findest du im Netz, eventuell in der Wikipedia unter "Sitzblockaden" oder so. Kann man so sehen oder nicht - aber so sehen es eben die deutschen Gerichte. Und die und die Polizei als Arm der Exekutive handeln eben dann auch danach.

2.
Aber selbst wenn man die als Aktivist NICHT anerkennen sollte, weil etwa "Teil eines kapitialistischen, klimafeindlichen Schweinesystems" und wenn man das Ganze daher rein utilitaristisch und zielorientiert an geht:

Sitzblockaden, bei denen man sich einfach weg tragen lässt sind in diesem System eine meist legale Form der Meinungsäußerung. Sollte es ein Verbot von Sitzblockaden durch die Stadt geben - dann sind sie allenfalls eine kleine Ordnungswidrigkeit, die maximal zu einer Geldstrafe führen kann, wenn man dabei erwischt wird, wie man solche Sitzblockaden macht.
Sitzblockaden mit Ankleben oder Anketten oder sonstige Panzersperren und Barrikaden aufstellen und dergleichen (also rein formell das Bereiten von "unüberwindbaren Hindernissen", im Fall des Anklebens mit den Aktivisten selbst als Hindernis) sind aber in diesem System keine Owi mehr, das sind formaljuristisch nun mal Straftaten, Nötigungen nach StGB §240. Auch weil die Anwendung der Gewalt (siehe 1.) hier von den Gerichten eigentlich durchweg als verwerflich angesehen wird. Aber auch das empfindliche Übel ist durch die physische - menschliche - Barrikade vorhanden.
Das hat dann gleich mehrere Dinge zur Konsequenzen:

Erstens drohen hier ganz andere Strafen als bei einer Owi oder bei einem einfachen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz. Wenn man an verbotenen Versammlungen teil nimmt, dann drohet höchstens eine kleine bis mittlere Geldstrafe. Ganz anders schaut es bei der Straftat Nötigung aus - hier drohen bis zu drei Jahren Haft oder Geldstrafe, d.h. in diesem Fall kann der Richter statt Haftstrafe auch eine Geldstrafe verhängen, das können in diesem Fall bis zu 360 Tagessätze sein - also ein komplettes Jahreseinkommen. Im Zweifel kostet das Ankleben die Aktivisten also DEUTLICH mehr Geld - oder sogar Lebenszeit. (Und ab 90 Tagessätzen bzw. 3 Monaten Haft gibt es auch einen öffentlichen Eintrag im Strafregister. Was u.Umständen dann z.B. bei der Berufswahl, aber auch im Job ernsthafte Probleme machen kann. Etwa beim Staatsexamen, aber auch bei Jobs, bei denen ein sauberes Führungszeugnis verlangt wird. Das aber nur am Rande)

Zweitens - und das ist der entscheidende Punkt - handelt es sich nicht mehr nur um kleine OWi, sondern um Straftaten. Und da kommt man eben z.B. in Bayern zum Art 17 PAG, welcher besagt, dass die Polizei eine Person in Gewahrsam nehmen kann, wenn dies unerlässlich ist um die "unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Ordungswiedrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit oder einer Straftat" zu verhindern. Bei einer Owi reicht da also so was wie "Sitzblockade" nicht immer aus, die muss dann schon erhebliche Behinderungen/Beeinträchtigungen anderer Menschen beinhalten. Brauchts beim Ankleben nicht - das ist eine Straftat und kann daher schon formell jederzeit präventiv unterbunden werden.

Wobei sich da die Polizei bei der Annahme, dass eine solche Tat unmittelbar bevorsteht unter anderem darauf stützen kann, dass die Tat von den betreffenden Personen selbst angekündigt wurde oder dass die Tat auf Flugblättern oder im Netz usw. öffentlich angekündigt wurde. Ebenfalls kann sich die Polizei bei ihrer Annahme darauf stützen, dass die betreffende Person bereits mehrfach als Störer/Straftäter aufgefallen ist, wenn die unmittelbaren Umstände eine Wiederholung der Tat erwarten lassen.
(siehe auch PAG). Trifft so beides auf die Aktivisten im Unterbindungsgewahrsam zu - die haben nicht nur mehrfach selbst weitere solche Aktionen angekündigt (auch konkret der Polizei und dem Haftrichter gegenüber), viele von denen haben auch mehrfach Platzverweise ignoriert und sind wieder mit Warnwesten und Klebstoff/Sekundenkleber in den Taschen an der gleichen Kreuzung aufgetaucht, von der sie die Polizei runter geholt hat.

Damit kann die Polizei einfach mal eben die Leute mit nehmen - und in den Unterbindungsgewahrsam stecken. Daraus müssten sie sogar unmittelbar entlassen werden, sobald die Grund für die Maßnahme weggefallen ist (PAG Art 20). Dazu müssten die Aktivisten lediglich irgendwie glaubhaft machen, dass sie nun doch keine Straftaten und keine Owi mehr begehen werden. Machen sie aber nicht, sie sagen weiterhin den Richtern und Polizisten offen ins Gesicht, dass sie weiter machen mit Straftaten, sobald sie raus sind. Und damit kann der Richter bis zu 1 Monat Gewahrsam verhängen - und das dann sogar noch mal auf 2 Monate verlängern, wenn immer noch die konkrete Gefahr besteht, dass Straftaten begangen werden.

Die "Aktivisten im Knast" sorgen also durch die Wahl ihrer Aktionsform und durch ihre Kampfmittel und durch ihre Kommunikation nicht nur selbst dafür, dass die Polizei hier mal eben die Aktivisten aus dem Spiel und in den Gewahrsam nehmen kann. Sie sorgen durch ihr Verhalten und ihre Kommunikation auch dafür, dass die Polizei sie dort möglichst lange behalten kann. Und ich weiß ja nicht ob die letzte Generation hier einfach nur keinerlei Rechtsberatung hatte, ob die eine Rechtsberatung hatte, die keine Ahnung von deutschen Gesetzen hatte oder ob die eine Rechtsberatung hatte, die Märtyrer im Knast sehen wollte. Es kann auch sein, dass die LG da einfach Aktionsformen und Kampfmittel blind übernommen hat aus Ländern, in denen eine andere Rechtssprechung und eine andere juristische Auslegung bezüglich Ankleben, Nötigung und Gewaltausübung herrscht. Und es kann natürlich sein, dass das einfach nur Adrenalinjunkies sind, die den maximalen Kick an Endorphinen und Dopamin durch maximale Provokation und massives "Gutfühlen für das Richtige" kriegen wollen. Ist im Prinzip alles möglich.
Gesteigert wird das Ankleben als Straftat dann nebenbei nur noch von Besetzungen von Kraftwerken, Sabotage-Aktionen an Pipelines und dergleichen, die von den Aktivisten selbst auch noch bestens dokumentiert wurden. Und das ist dann nicht nur eine Straftat, das ist schon eine gemeingefährliche Straftat, Störung öffentlicher Betriebe, StGB § 316b. Wobei das auch nicht nur eine Straftat ist - sondern eine, welche die Gruppe als Täter mal eben für den 129a qualifiziert (sagt dir sicher was als Antifa-Aktivist...). D.h. die Aktivisten, die da mal eben die Ventile an den Pipelines aufgebrochen und abgedreht haben, die haben (neben anderen mit vergleichbaren Aktionen..) mal eben dafür gesorgt, dass die Polizei/der Staat nun auch ganze direkt das ganz große Besteck ganz legal einsetzen darf. Inklusive geheimdienstlicher Methoden wie Einschleusen von V-Menschen, Observation, nachrichtendienstliche Kommunikationsüberwachung, Kontenüberwachung durch Polizei/Staatsschutz und Verfassungsschutz etc. pp.

Und das alles wegen ein paar prolligen möchtgern-Revolutionären, die ihr konkretes Ziel (z.B. Auffallen durch Aktionen in der Öffentlichkeit) auch ganz ohne das Begehen von Straftaten hätte hin bekommen können, mit ein paar kleinen, aber deswegen kein bisschen weniger effektiven Kampf- und Kommunikationsmitteln. Erfordert natürlich bisschen mehr nachdenken und eventuell auch mal bisschen mehr Vorbereitung als das Ankleben - ist aber nicht minder effektiv unter dem Strich. Aber gibt der Polizei nicht auch noch das Mittel in die Hand einen mal eben "abzuräumen".
Kurzum: Die Aktivisten sitzen da nicht im Gewahrsam "wegen des faschistischen Schweinesystems" - sondern wirklich und nur alleine aus eigener Doofheit. Die wollten es ganz offensichtlich genau so. Vermutlich weil mal eben Luft an fast allen Autos in der Stadt zu lassen (mit Warnhinweis an der Windschutzscheibe) oder so was nicht "revoltig" genug ist (eventuell kriegen sie auch keine Streichhölzer gekauft, weil noch zu jung...) - oder weil sie wie erwähnt möglicherweise Chefideologen/Konflikttrainer/Rechtsberater haben, die sie ganz direkt im Knast sitzen sehen wollen.
Auch wenn ich derzeit absolut nicht davon aus gehe, es würde mich nebenbei nicht mal groß wundern, wenn die letzte Generation am Ende doch nur eine große Agent Provcateurs Aktion ist, bezahlt von der Ölindustrie oder von Leuten, die mit Öl reich geworden sind und die immer noch Geld mit Öl verdienen - mit dem Ziel der Klimaschutzbewegung den Wind aus den Segeln zu nehmen. Und mit vielen Mitläufern und Teens, die sich da einlullen lassen und die dann unreflektiert und ohne groß nach zu denken da mit machen - in der Meinung genau das Notwendige und das Richtige zu tun, angeführt/trainiert von Leuten und Führern, die ja wissen müssen, was das Richtige ist. Und ja, ich denke dass da ein Großteil der Aktivisten einfach nur irgendwelche Mitläufer sind, die da nicht bis zum Ende denken bei ihren Aktionen.

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