Hoomey schrieb am 23.11.2024 23:09:
Was ist denn mit den Bauern, die das anbauen? Oder, wenn man allgemein an häufigere Dürren und Überschwemmungen denkt, überhaupt was anbauen? In Polar-Gebiete auszuweichen dürfte schwierig sein.
Entschuldige meine späte Antwort. Ich hatte schon dreimal eine angefangen und dann kam immer was dazwischen, weil ich so lange überlegen musste, wie ich den richtigen Ton treffe. :) Also, bitte keinen Vorwurf lesen, sondern eine ernstgemeinte, interessierte, wertfreie Frage:
Stellst du diese Frage auch im Supermarkt, wenn du das Pfund Kaffee für 2,99, das Kilo Orangen für 1,99, das Olivenöl für 3,99 und die Tafel Schokolade für 0,49 in den Einkaufswagen packst?
Tatsächlich ist es doch so, dass wir grundsätzlich davon ausgehen können, dass die meisten Nahrungsmittel aus Afrika oder Asien unter Umständen erzeugt werden, die man am besten mit "rücksichtslose Ausbeutung von Mensch und Natur" beschreiben kann. Dazu kommt, dass der lange Transportweg bis auf unseren Teller erhebliche Mengen an Energie verschlingt und mittels fossiler Brennstoffe erfolgt, deren Verbrennung das Klima beeinflusst und die Umwelt verschmutzt, also durchaus ein wesentlicher Teil des Problem ist. Dass sie in unseren Supermärkten dann zu billigsten Preisen angeboten werden, sollte eigentlich jeden stutzig machen, denn der Transport kostet ja auch Unmengen an Geld, also sollten eigentlich Nahrungsmittel von anderen Kontinenten deutlich teurer sein, als von heimischen Feldern. Sind sie aber nicht.
Das Argument, dass ein hiesiger Verzicht auf solche Nahrungs-/Genussmittel ja den dortigen Bauern finanziell schaden würde, verfängt deshalb bei mir nicht. Andersrum wird ein Schuh draus: Dass wir so massenhaft Kaffee und Kakao genießen, hat den Bauern in den Ursprungsländern längst massiven und kaum wieder gutzumachenden Schaden zugefügt.
Das Klimaproblem haben wir alle miteinander geschaffen, jeder einzelne Mensch hat seinen Teil dazu beigetragen, und darunter werden wir auch alle miteinander auf der ganzen Welt die nächsten paar Jahrzehnte bis Jahrhunderte leiden. Das Einzige, was die Menschheit machen kann, ist sich anpassen an die neuen Gegebenheiten. Selbst, wenn wir jetzt endlich anfangen, unseren Dreck wieder zu beseitigen und versuchen, alles wieder in Ordnung zu bringen. Es hat 200 Jahre gedauert, bis wir an dem heutigen Punkt angelangt sind, rechnen wir mal selbst bei einer sofortigen wundersamen Weltsäuberung mit mindestens 200 Jahren, bis sich mit etwas Glück das Klima wieder beruhigt und auf ein menschenverträgliches Maß eingependelt hat.
Übrigens ist die Fairtrade-Bewegung in Bezug auf Kaffee und Kakao daraus entstanden, dass in den 80er die Zwangsindustrialisierung der Landwirtschaft durch westmächtliche Vorgaben dazu führte, dass reihenweise Landarbeiter und Bauern ihre Einkommensgrundlage verloren, verelendeten und gar verhungerten, während Kaffee und Kakao in den Industrieländern selbst für die Ärmsten der Bevölkerung erschwinglich wurden.
Wenn du also fragst, was mit den Bauern ist, die das anbauen: Jene Bauern, die in den letzten Jahrzehnten angefangen haben, verschiedene Varietäten von Kaffee und Kakao in Mischkulturen in regenwaldähnlichen Strukturen anzubauen und an kleine Händler zu festen, selbst ausgehandelten Konditionen am Weltmarkt vorbei verkaufen, haben jetzt deutlich weniger Probleme, als jene Bauern, die für Großkonzerne auf gigantischen Monoplantagen schuften. Denn die regenwaldähnlichen Strukturen ihrer Plantagen erzeugen Mikroklimata, die die Nutzpflanzen vor den Auswirkungen des Klimawandels (noch ein Weilchen) schützen können - und ihre Kundschaft ist angemessene, weil existenzsichernde Preise schon lange gewohnt und zahlt sie gerne. Und das jetzt die Großkonzerne mit ihren schädlichen und anfälligen Monoplantagen jetzt weniger erzeugen und weniger Profit machen können, weil sie sich selbst im wahrsten Sinne des Wortes das Wasser abgegraben haben ... ich hab da nicht wirklich Mitleid, empfinde eher ein "Wird ja auch mal Zeit!".
Ansonsten glaube ich an die Anpassungsfähigkeit der Menschheit. Es gibt Völker, die in Wüsten und im ewigen Eis leben. Und wir haben uns mit unserer kulturellen Evolution längst abgekoppelt. Wir müssen nicht versuchen, in der Arktis Getreide anzubauen, wir können das in irgendwelchen Kellerlöchern machen mit Aquaponik, LED, Solaranlagen auf dem Dach und Windräder am Zaun. Wir sind aber auch problemlos in der Lage, aus unseren Fehlern zu lernen und unsere Landwirtschaft anzupassen, es wird ja auch schon an einigen Stellen gemacht. Ein Beweis, dass wir irgendwie damit schon zurecht kommen werden (auch wenn ganz gewiss Menschen durch die Folgen des Klimawandels in Massen umkommen werden, aber das kann jeden von uns in irgendeiner Weise treffen, der eine ersäuft im Ahrtal in ner Flut, der andere verhungert in Afrika wegen Dürre, der nächste fällt in New York wegen Hitzschlag tot um), ist die Kleine Eiszeit im Mittelalter. Hat die europäische Bevölkerung mit allen Nebenerscheinungen wie Pest, Krieg und Hunger auf ein Drittel reduziert. Trotzdem (oder vielleicht auch deswegen) gehört Europa heute zu den hochentwickelsten Regionen der Welt. Und tatsächlich betreiben wir heute noch etliche der Maßnahmen, die damals als Gegenmittel zu Dürre und Überschwemmungen erfunden wurden.
Ich tu derweil mein Teil und nehm mir ein Beispiel an meinen mittelalterlichen Vorfahren, die die damalige Klimakrise zum Anlass genommen haben, im Kleinen vor ihrer eigenen Haustür Dinge zu verändern. Bekanntlich macht Kleinvieh auch Mist - und auf Mist gedeihen die Kartoffeln gut. ;)