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  • Logician

61 Beiträge seit 19.03.2007

Gebt den Beamten eine Wahl

Bei aller berechtigten Kritik am Beihilfesystems, gibt es einige Missverständnisse bei vielen der vehementen Kritiker. Zunächst hat es sich kaum ein Beamter frei ausgesucht, ob er privat versichert sein möchte oder nicht. Es bleibt ihm schlicht keine andere Wahl, wenn er nicht massiv draufzahlen möchte. Im Gegensatz zu allen anderen Arbeitgebern, zahlt der Staat nämlich für Beamte keinen Arbeitgeberanteil bei einer Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Entweder man nutzt die Beihilfe, bei der der Staat einen festgesetzten Anteil der Behandlungskosten übernimmt (in der Regel 50 Prozent, bei Kinder 80 Prozent und bei Beamten mit mehreren Kinder 70 Prozent) und versichert den Rest privat, oder man versichert sich vollständig auf eigene Kosten in der gesetzlichen Krankenversicherung. Da die Leistungen für die Beihilfe gezahlt wird in den letzten Jahren in mehreren Sparrunden stark gekürzt wurden (und in vielen Bundesländern inzwischen im wesentlichen denen der gesetzlichen Krankenversicherungen entsprechen) bleiben bei diesem System häufig nur Nachteile für die Beamten:
- jede Rechnung muss zunächst vorgestreckt werden und anschließend muss die Erstattung des Geldes bei der Beihilfestelle und der privaten Krankenversicherung getrennt beantragt werden.
- die Versicherung des Restrisikos ist bei Leuten, die nicht sehr jung verbeamtet werden, häufig teurer als der Arbeitnehmeranteil in der gesetzlichen Krankenversicherung.
- man bekommt zwar schneller einen Arzttermin, muss jedoch aufpassen, dass nicht medizinischen Untersuchungen/Operationen etc. durchgeführt werden, die eher für den Arzt als den Patienten notwendig sind.
- wird ein Ehepartner in höherem Alter arbeitslos, kann die private Krankenversicherung des Restanteils für diesen sehr teuer werden.

Die einzige Erklärung, warum dieses System beibehalten wird, liegt meiner Meinung nach darin, dass bisher der Staat (und damit sie als Steuerzahler) dadurch Kosten spart. Denn man wird nur nach sehr gründlicher ärztlicher Untersuchung verbeamtet und für diese sehr gesunden Menschen zahlt der Staat dann nur die anfallenden Kosten. (Und vielleicht noch die gute Lobby der profitierenden Ärzte.)

Ich bin selbst Beamter und kenne viele Kollegen, die wie ich gerne in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln würden, bzw. in dieser verblieben wären, wenn der Staat wie jeder andere Betrieb einen Arbeitgeberanteil übernehmen würde. Insofern bestünde die einfachste Möglichkeit darin den Beamten endlich eine Wahl zu geben: Arbeitgeberzuschuss zur gesetzlichen Krankenversicherung oder Beihilfe (und ein befristetes Rückkehrrecht in die GKK). Ich bin mir sicher, dass viele Beamte dies nur zu gerne wahrnehmen würden.

Ähnliche Missverständnisse gibt es übrigens beim Thema Pension: Das Bruttogehalt von Beamten ist niedriger als das von angestellten im öffentlichen Dienst, dafür erhalten Sie nach Ausscheiden weiter von ihrem Dienstherren ein Pension und zahlen keine Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung. Würde man die Pensionen abschaffen, müsste man entsprechend die Bruttogehälter erhöhen, was zu ähnlichen Kosten für die Steuerzahler führt. Würde es hier keine Erhöhung geben, würden viele Stellen einfach nicht mehr adäquat bezahlt, zumal es in den letzten Jahren viele Nullrunden und Kürzungen durch Systemumstellungen gab.

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