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  • freudhammer

mehr als 1000 Beiträge seit 14.12.2014

Goldgrube

Vermutlich wird weniger wegen eines medizinischen Vorteils für die Beamten an dem jetzigen System festgehalten, denn niemand lässt sich weniger operieren als Ärzte und ihre Angehörigen. Die gewichtigen Gründe liegen wohl in der Möglichkeit von Ärzteschaft, Kliniken und Pharmazie, sich aus den Beihilfen zu bedienen und Therapien und Medikamente zu verkaufen, die sonst kaum wer bezahlen würde. Die entsprechenden Lobbys sind bekanntlich sehr stark und für die Politik kaum zu knacken, auch wenn sie es wollten. Ich erinnere mich, dass ein Gesundheitsminister Seehofer in den Neunzigern Reformen auch in diesem Bereich angekündigt hat, doch in der nächsten Legislaturperide hat die Regierung gewechselt und so hat ein neuer Minister wieder von vorn angefangen. Keine Ahnung also, ob Seehofer sich wirklich mit der Pharmalobby angelegt hätte, wäre er im Amt geblieben.
Als gesetzlich Versicherter wie ich hat man keinen Einblick in die Rechnungsstellung der Ärzte. Umso geschockter war ich als ich irgendwann Einblick in die Rechnungen meiner privatversicherten Angehörigen bekam. In einem Fall kam eine Klinikrechnung ein halbes Jahr nach dem Tod über 10 000 Euro, die für die zum Tode geführten Therapien abkassierte. Kein Hinterbliebener kann solche Rechnungen überprüfen und ein Todkranker wird sich auch nicht mit den Ärzten anlegen, in die er seine Hoffnung setzt. Ein anderer privat versicherter Angehöriger wurde nach einem Unfall praktisch tot in eine Klinik gebracht, was eine Ärztin auch bestätigte. Trotzdem wurden etliche tausend Euro in Rechnung gestellt, weil man tatsächlich (oder nur auf dem Papier) teuere Diagnoseverfahren abrechnete, die überhaupt keinen Sinn mehr machten. Und in einem weiteren Fall wurden in einem Altersheim eine Vielzahl von Arztbesuchen abgerechnet, die nie erbracht wurden. Man schweigt, weil man den geliebten Alten keinen Arztwechsel zumuten will und ein Wechsel auch nicht unbedingt ehrliche Abrechnungen bedeutet. Gelegenheit macht bekanntlich Diebe und der Freibrief ein Mehrfaches des Kassensatzes abrechnen zu dürfen, lädt dazu geradezu ein.
Gewiss haben meine Erfahrungen keine Allgemeingültigkeit, aber der Verdacht, dass dies keine Ausnahmen sind, werde ich nicht mehr los. Die Hausärzte sind vermutlich auch die Leidtragenden dieses irren Abrechnungssystems, das wertvolle Patientengespräch wird kaum honoriert, es werden deshalb völlig unsinnige Pharmaka und weitergehende und oft völlig unsinnige Untersuchungen verordnet und so Hausärzte faktisch zu Zulieferern für Fächärzte und Kliniken degradiert. Nebenbei erstickt man sie in Bürokratie. Ein Übriges tut das in Jahrzehnten antrainierte Anspruchsdenken der Patienten. Und dass es immer noch Medikamentenwerbung im Fernsehen gibt, ist völlig unbegreiflich.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (12.01.2017 01:18).

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