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  • J.Creutzfeld

mehr als 1000 Beiträge seit 31.05.2001

Individuelle Schuld und Statistik

Natürlich kann es keine Ausrede sein, wenn ein einzelner aus Frust
bei der Arbeit ein Kind umbringt. Aber ebensowenig ist es eine
Entschuldigung für den Arbeitgeber, dass die meisten gedemütigten
oder überlasteten Arbeitnehmer niemanden umbringen.

Genausogut könnte man sagen, dass Tschernobyl, die
Zigarettenindustrie oder die Dioxinlieferanten keine Verantwortung
für Krebstote tragen, denn es wird ja nicht jeder Raucher oder
Eieresser krank. Nur weil ein Zusammenhang multikausal ist, heisst
das nicht, dass die Verursacher schuldlos sind.

Die gleiche Diskussion führe ich immer wieder beim Thema
Arbeitslosigkeit. Wenn es nicht genügend Stellen gibt, dann kann
jeder einzelne mit Fleiss und Mühe seinem Schicksal entrinnen. Aber
am Ende muss es irgendwen treffen. 

Meist erwischt die Statistik die schwächsten Individuen: die von Haus
aus weniger gebildeten werden arbeitslos, die Kinder und Alten werden
krank und die psychisch labilen (vielleicht auch einfach weniger
abgestumpften) werden Depressiv. Und manch einer wird gewalttätig.

Um um es mal ganz offen zu sagen: Wenn ich die Zeitung aufschlage und
sehe, wie mit Menschen umgegangen wird, von skrupellosen Firmen und
kaltherzigen Bürokraten, dann wundert es mich, warum wir nur sowenig
Amokläufe haben.

Meine Prognose: Wenn der Effizienzdruck, der in meinen Augen ein
Zinsdruck ist, weiter zunimmt, dann wird unsere Gesellschaft kranker
und gewalttätiger werden. Bis sie kollabiert.

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