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Avatar von Gautama_Hägar
  • Gautama_Hägar

204 Beiträge seit 25.09.2021

In diesem Artikel steht eigentlich "Mahlzeit!"

Was für ein Jahr. Es begann mit der bis dahin schlimmsten Corona-Welle, in der zeitweise um die tausend Menschen pro Tag starben, es endet mit den bisher höchsten Infektionsraten...

Wer gleich mit solchen Clownereien anfängt, möchte right from the start klar machen, dass er nicht ernst genommen werden will und dass sinnvolle Aussagen zu irgendeinem Thema von ihm nicht erwartet werden dürfen.

So jemandem geht es ausschließlich um den reinen Sprechakt als solchem, unabhängig von jedem Inhalt. Sprechen, um seine Unterwerfung unter geschriebene und ungeschriebene Gesetze zu signalisieren.

Das ist in vielen Fällen sogar eine unproblematische atavistische menschliche Eigenschaft, nur halt dann nicht mehr, wenn sie ziemlich direkt zu millionenfachen Massenmord führt, diesen ausdrücklich unterstützt und sogar fordert.

Zunächst mal zur harmlosen Grundeigenschaft:

Ich denke, Texte wie dieser "Artikel" hier haben etwas mit dem evolutionsbedingt tierischen Kern unseres Menschseins zu tun, und der Frage, wie gut jemand seine atavistischen Impulse durch Vernunft und Reflexion beherrschen und steuern kann (das nennt man Zivilisation oder auch Aufklärung im Sinne von Kants Befreiung des Menschen vom Gängelband sinnlicher Triebfedern durch das sich selbst gegebene Vernunftgesetz) - oder eben nicht. In letzterem Fall ist er dann freilich diesen atavistischen Impulsen wehrlos ausgeliefert.

Wir Menschen sind alle Tiere mit einer zusätzlichen Wucherung, die wir Hirn nennen. Diese Wucherung ändert aber nichts an unserem tierischen Wesenskern, der sich öfter als man wahrhaben will in Situationen bemerkbar macht, in denen man nicht damit rechnen würde.

Hunde beschnüffeln sich zum Beispiel unterm Schwanz, um zu prüfen, ob der neu auf der Spielwiese Angekommene bereit ist, sich an die Spielregeln zu halten, oder ob er aggressiv oder verängstigt ist oder ob es sonst einen Grund gibt, lieber einen Bogen um ihn zu machen.

Die menschliche Gesellschaft ist geradezu durchsetzt mit Verhaltensweisen, die ein Äquivalent zum Beschnüffeln bei Hunden darstellen.

Ein Beispiel ist das "Mahlzeit!"-Sagen auf den Gängen in Büros und Fabriken. Der Sinn besteht darin, seine Bereitschaft zu signalisieren, nicht nur die offiziellen Regeln und Gesetze sondern auch ungeschriebene Gesetze der Gesellschaft einzuhalten.

Je sinnloser ein ungeschriebenes Gesetz ist (z.B. die "Mahlzeit!"-Ruferei), desto deutlicher ist das Signal der Bereitschaft, ein braves Mitglied der Gesellschaft zu sein, wenn man sogar ein derart sinnloses Gesetz der Gesellschaft ohne zu diskutieren einhält.

Wer zwischen 10 Uhr und 14 Uhr den Zuruf "Mahlzeit!" nicht entsprechend zurückgibt, sondern wortlos vorüber geht, lässt beim Konformen die Nackenhaare aufstehen.

Wer zum Arzt geht, ist in der Regel krank und hat also gerade eher keinen guten Tag. Trotzdem ist es gesellschaftliche Pflicht, beim Betreten eines Wartezimmers den anwesenden Patienten einen guten Tag zu wünschen. Das ist recht eigentlich sogar noch widersinniger als das "Mahlzeit!"-Sagen und wird nur deshalb nicht als Zynismus wahrgenommen, weil es eben eine gesellschaftliche Vorschrift ist.

Kommt ein Punker mit Sicherheitsnadeln in der Nase und entsprechendem Outfit ins Wartezimmer gestürmt und setzt sich grußlos auf einen freien Platz, gehen die Reaktionen (ja, auch bei mir) in Richtung "Rüpel!", "Also sowas!", "Unverschämt!", "Stoffel!" etc.

Der Punk hat sich also nicht an die ungeschriebenen Regeln gehalten. Er hat damit bewiesen, dass er mit einem "Mind Set" unterwegs ist, dem gesellschaftliche Regeln nichts gelten. Wenn er schon diese Wartezimmerregel nicht einhält, was ist dann sonst noch von ihm zu befürchten? Er ist also beim Beschnüffeln durchgefallen, wird ausgegrenzt, unterdrückt und weggebissen.

Diese atavistischen Reflexe sind in uns Menschen nicht nur noch immer massiv vorhanden, sondern sie werden gepflegt, kultiviert und weiterentwickelt. Und sie haben eine Macht über uns, die mit dem Reflex vergleichbar ist, die Arme vorzustrecken, um nach dem Stolpern einen Sturz abzufangen.

Es braucht viel charakterliche Stärke, um sich willentlich gegen ein solches ungeschriebenes Gesetz zu stellen und all dem zu widerstehen, das durch die gesellschaftliche Forderung an Reflexen in uns ausgelöst wird.

Und derzeit ist das Nacherzählen des Coronanarrativs des Regimes ohne jeden Zweifel das ungeschriebene Gesetz, das man nicht nur einhalten muss, um von der Gesellschaft Ferngesteuerter akzeptiert zu werden, sondern man muss versuchen, beim Einhalten des ungeschriebenen Gesetzes den jeweils anderen noch zu übertreffen, also quasi lauter "Mahlzeit!" zu sagen als der andere.

Wie bei allen anderen Signalen der Bereitschaft, gesellschaftliche Regeln einzuhalten, besteht der Sinn nicht im Inhalt des Signals ("Mahlzeit!", "Guten Tag!") sondern im formalen Sprechakt selbst. Je sinnloser, widersinniger oder sogar ganz klar den Fakten widersprechend der Inhalt eines Sprechaktes ist (siehe obiges Zitat), desto wirkungsvoller das Signal der Bereitschaft, sogar diese gesellschaftliche Regel noch einzuhalten.[1]

Die Unsinnigkeit des verordneten Coronanarrativs und seiner vorgegebenen Verteidigungssprechblasen ist ebenso offensichtlich wie die Zahlen und Argumente, die den Widerspruch des Narrativs zur Realität belegen. Schon alleine daher ist das gesellschaftliche Gewicht, das dem rein formalen Sprechakt, der im Nachbeten des regierungsamtlichen Librettos besteht, um so größer.

In vielen sogenannten "Events" mit Beteiligung von Medienvertretern und Werbeagenturen wurde genau diese Installation eines Narrativs unter Instrumentalisierung genau dieser atavistischen Reflexe jahrelang geprobt und in realistischen Rollenspielen geübt.

Ein ganz wichtiges Element hierbei ist die gesellschaftliche Ausgrenzung, das Wegbeißen desjenigen, der die gesellschaftliche Vorgabe nicht erfüllt. Wir müssen ja nicht extra erörtern, wie mit Menschen umgegangen wird, die das Coronanarrativ nicht brav nachbeten. Noch schlimmer: mit Menschen, die sich ganz bewusst und lautstark gegen das Narrativ stellen. Am schlimmsten: mit Menschen, die das Coronanarrativ als das entlarven, was es auch unabhängig von der Entlarvung tatsächlich ist: Die ganz große, weltumspannende Brutkastenlüge (inkl. heulender Krankenschwestern und allem, was dazu gehört).

Der Reflex, bei einem Sturz die Arme nach vorne zu strecken, kann selbst dann nur sehr schwer durch rationale Reflexionen unterdrückt werden, wenn es rationale Gründe für eine Unterdrückung des Reflexes gibt.

Der sowieso schon ebenso starke Reflex, seine Bereitschaft zur Einhaltung gesellschaftlicher Regeln zu bekunden, wird im Coronafall noch durch eine extrem starke gesellschaftliche Todesdrohung unüberwindbar gemacht - unüberwindbar zumindest für schwache Menschen.

Dass diese Drohung mit dem gesellschaftlichen Tod keine leere Drohung ist, wird dadurch sichtbar gemacht, dass auch tatsächlich jeden Tag zigtausend Menschen gesellschaftlich exekutiert werden. Die Exekution wird dabei als Schauspiel auf dem Marktplatz der Medien inszeniert ("Covidioten", Merkels Weihnachts-Hit-Piece usw.), bei dem die jubelnde Teilnahme erneut eine gesellschaftliche Pflicht ist ("Hängt sie höher!").

Es ist keine Frage der Intelligenz sondern des Charakters und der Persönlichkeitsbildung ob jemand die Charakterfestigkeit aufbringt, sich gegen seinen derart von den Medien unterstützten und von Profis zielgerichtet ins Pathologische aufgeblasenen atavistischen Impuls und für die Wahrheit zu entscheiden.

Im Berliner Sportpalast im Februar 1943 konnte man ganz direkt sehen, in welchem prozentualen Verhältnis die Menschen, die auch in solchen Situationen versuchen Mensch zu bleiben, zu den Menschen stehen, die zur Propaganda des Regimes "Jaaaaaa!" brüllen.

Nicht nur gesamtmenschliche Ausfallerscheinungen in Onlineforen, sondern auch sich selbst als regimekritisch betrachtende Intellektuelle von Noam Chomsky und Naomi Klein, über nahezu sämtliche politische Kabarettisten und Karikaturisten bis hin zu Wolfgang Niedecken und Udo Lindenberg[2] brüllen "Jaaaaaa!" zur Coronaaktion des Kapitals und der hierzu notwendigen und ja nun eigentlich wirklich hinreichend fadenscheinigen Propaganda.

Und zwar immer um einige Dezibel lauter als alle anderen.

Ein Konflikt zwischen gesellschaftlicher Regel und Vernunft bzw. Wahrheit entsteht in solchen Menschen gar nicht erst. Für diese Menschen ist ihr Verhalten genauso wenig ein verwerflicher Opportunismus, wie wir es als verwerflichen Opportunismus empfinden, auf "Mahlzeit!" mit "Mahlzeit!" zu antworten. Sie tun eben, was man tun muss, um dazu zu gehören und von den Großen akzeptiert und nicht weggebissen zu werden.

All das schließt natürlich bewusste Entscheidungen zum Opportunismus nicht aus. Aber wenn man sich die unüberschaubare Anzahl der Menschen vor Augen führt, die nur alleine in den Medien das Lied des faschistischen Regimes singen, fällt es mir schwer, in allen Fällen eine bewusste Entscheidung gegen Wahrheit, Menschlichkeit und Ethik zu vermuten. Die genannten atavistischen Reflexe hat dagegen jeder.

Wieviele aus der grölende Menge im Berliner Sportpalast im Februar 1943 haben denn aufgrund ihrer bewussten Entscheidung den totalen Krieg verlangt, totaler und radikaler als sie ihn sich vorstellen konnten? Einige bestimmt. Vor allem die Einpeitscher. Wieviele der heutigen Eltern verlangen aufgrund einer bewussten und informierten Entscheidung, dass man ihre Kinder den ganzen Tag über knebeln, ihnen die freie Atemluft entziehen und ein... sagen wir es mal übertrieben vorsichtig... extrem gefährliches Serum in den Körper spritzen soll?

Ich denke nicht, dass seit Anfang 2020 politisches Bewusstsein in besserem Ruf steht als 1933ff oder eben 1943. Agitatoren des Regimes in Onlineforen framen politisches Bewusstsein z.B. ganz direkt als "Scheiße" und die Forenmoderation empfindet das in diesem Fall dann nicht als "anstößige Äußerung"!

https://www.heise.de/forum/Telepolis/Kommentare/Auch-weiterhin-Gift-im-Gesicht/Re-Agora/posting-39014196/show/

Pomrehns "Artikel" auf der inhaltlichen Ebene diskutieren ist genau so wenig sinnvoll wie das gegenseitige Beschnuppern von Hunden inhaltlich zu diskutieren. Die gesellschaftliche Funktion, die solche Wortmeldungen im Rahmen der Coronaaktion des Kapitals haben, verdient es dagegen sehr wohl beleuchtet zu werden - was ich hiermit getan habe.

_______________

[1] Ein sehr schönes aber ausnahmsweise mal liebenswertes Beispiel konnte ich früher, auf meinen ausgedehnten Tramptouren durch Irland, permanent beobachten: "It's a nice day, isn't it?" - "Lovely!", während beide Sprecher von schräg stehendem Schneeregen durchweicht und vom Sturm fast weggeblasen werden. "Nice day!"... Wer schon mal in Irland war, kennt die gesellschaftliche Pflicht, das Wetter zu loben. Jede Gesellschaft hat eben ihr "Mahlzeit!"

In Irland gibt es genauso nur "Nice days" wie es in der momentanen historischen Situation eben eine außergewöhnliche epidemische Situation gibt. Und dieser außergewöhnlichen epidemischen Situation müssen sich die Gläubigen der Staatsreligion "Corona" ebenso gegenseitig versichern, wie sich Menschen in Büros und Fabriken gegenseitig versichern müssen, dass die Zeit zwischen 10 Uhr und 14 Uhr "Mahlzeit" heißt.

Sinn? Liegt nicht im Inhalt sondern im Sprechakt "an sich" und in der befohlenen Entrüstung über Menschen, die sich nicht an die Vorgabe halten. Sowohl Sprechakt an sich als auch befohlene Entrüstung über (Quer-)denker sind dafür dann aber umso wichtiger!

[2] Respekt und Dank an Eric Clapton und Van Morrison!

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