Ansicht umschalten
Avatar von Dracocephalus
  • Dracocephalus

mehr als 1000 Beiträge seit 25.09.2002

Der Protest ist immer im Nachteil

Man darf nicht aus den Augen verlieren, daß der Protest gegen Castor
oder Groleben immer aus einer stark benachteiligten Position kommt,
denn: Der Müll ist ja schon da. Es wurden schon Fakten geschaffen.

Das ist das desaströse an der ganzen Sache. Die Müllproduzenten sind
fein raus, denn die können hilflos aus der Wäsche schauen und sagen
"Aber wo sollen wir den Müll denn sonst hintun?". Und damit haben sie
perfider Weise sogar Recht. Ist der Müll erstmal da, muß er auch
entsprechend entsorgt werden. Natürlich hütet man sich, auf die
Müllvermeidung zu kommen. Warum auch? Der Mülle IST ja da und MUSS
entsorgt werden und die doofen Protestierenden stehen einer logischen
Konsequenz schlicht im Weg. Das wissen sie selber, aber was ist die
Alternative? Es ist eben logistisch nur möglich, so massiv vor dem
einzigen Endlager zu protestieren, als vor allen Atomanlagen in
Deutschland, wenn dort mal wieder frische Ware ankommt. Um wirklich
auf das eigentliche Ziel hinzuarbeiten müßte man in der Tat die
Brennstoffzulieferung an alle Atomanlagen unterbinden. Das das nicht
passieren kann, dafür sorgt schon der Staat und seine Ordnungskraft.
Die Politiker sind dabei natürlich in keinster Weise von
irgendwelchen Nebenjobs oder Aufsichtsratsposten in der
Energiebranche beeinflußt...nene, sicher nicht.

So traurig das auch ist, ist der Protest vor Gorleben das einzige
Mittel und gleichzeitig das schlechteste, was man tun kann. So wird
man nämlich zum Buhmann der Nation: Man kostet horrende Summen
Steuergelder, bindet Tausende von Polizeikräften und macht Sachen
kaputt. Das trifft zwar auch auf Fußballgroßereignisse zu, aber die
haben einfach bessere PR. Bei den meisten Menschen kommt gar nicht
an, daß man gegen die Atomkraftwerke protestiert. Die hören nur, daß
das einer rumhampelt und den vorhandenen Müll nicht zum Container
läßt (und fragt sich zu recht, wo der Dreck denn sonst hin sollte)
und dabei viel Steuergelder kostet (ohne zu wissen, wieviele
Steuergelder die Energiewirtschaft einstreicht) und mit einem
Großaufgebot von Polizei rumgescheucht wird. Klischees bedient man
dann mit den "vermummten Autonomen" die Polizisten angreifen. "leicht
dümmlichen Hippie-Kiddies", die sich debil grinsend ins Gleisbett
einbetoniert haben und "tumben Bauern", die ihre Bioschollenknolle
retten wollen. Selten fragt man mal in einem echten Interview die
Initiatoren. Wenn doch, dann um 23:30 Uhr auf Arte. 

Es ist also kein Wunder, daß die Proteste bei der Bevölkerung nicht
beliebt sind. Die meisten begreifen sie als Primärprotest gegen den
Atommüll und das macht in der Tat keinen Sinn. Nur wenige begreifen
sie als das, was sie sind: Ein Stellvertreterprotest gegen die
Atommüllproduzenten. 

Daher hat die Gegenseite immer extrem gute und PR-gängige Argumente
und die Protestierenden gelten als die Nestbeschmutzer, Idioten und
Ewiggestrigen. Irgendwie sehe ich da keine Möglichkeit, das zu
verbessern. Da muß schon das Hirn der Nation etwas besser arbeiten
und das Problem begreifen, aber das wird wohl noch dauern....

D.
Bewerten
- +
Ansicht umschalten