Bernd Müller ist zuzustimmen, dass eine Problemlösung, die nicht an der Wurzel des Übels ansetze, den Menschen nichts nützt.
Leider wird nicht klar, was genau die Wurzel des Übels ist, denn die geplante Gasumlage kann es nicht sein.
Die einfache und bequeme Antwort, das sei ausschließlich die aggressive Politik Putins, auf die keine andere als die erfolgte Reaktion des Westens möglich gewesen ist, ist nur begrenzt nachvollziehbar, weil sie die Vorgeschichte, die den Konflikt mitausgelöst hat, bagatellisiert, die Rolle der Nato verniedlicht und die Interessenslage der USA nicht in Betracht zieht. Um es an einem banalen Beispiel aufzuzeigen: Die Grünen haben mit ihrer Böllstiftung (ausgerechnet!) 2014 aktiv am Umsturz auf dem Maidan mitgewirkt und den "Sieg" mit Stolz gefeiert, den die USA laut Frau Nuland mit 5 Milliarden Dollar unterstützt haben. In Moskau aber wird der Putsch als einer der Gründe aufgeführt, die das Fass mit zum Überlaufen gebracht hätten. Heute sieht man die Funktionsträger der ehemaligen Friedenspartei erneut in einer führenden Rolle, wenn es darum geht, Russland durch Sanktionen, die Lieferung schwerer Waffen und eine diplomatische Isolation zu bekämpfen - sie argumentieren, als sei sie eine Dependence des Pentagon.
Wenn der russische Überfall vielleicht nur einen bequemer Vorwand darstellt, endlich im Zusammenhang mit Moskau Nägel mit Köpfen zu machen, stellt sich die Frage, ob die Sanktionspolitik wirklich den vorgebracht edlen Motiven geschuldet ist.
Dass man so den Krieg möglichst schnell beenden könne, hat sich als Illusion erwiesen. Stattdessen hat sich die grotesk anmutende Situation ergeben, dass durch die Boykotte und die damit verbundenen Preissteigerungen mehr Geld in die russischen Kassen gespült wird als vorher, während bei uns trotz aller Versuche, die Konsequenzen der absurden politischen Fehlleistung abzumildern, Hundertausende in die Armut gezwungen und das Land, das vor dem Regierungsantritt der Koalition hinreichend funktionierte, dem Ruin entgegentrudelt.
Dass es in der deutschen Parteienlandschaft nur eine im Parlament vertretene Partei gibt, die diese offensichtlichen Zusammenhänge und somit die Wurzel des Übels benennt, ist eine Schande.
Die Linke, die sich früher als Sachwalterin der ökonomisch weniger Priviligierten verstand, hat sich selbst verzwergt und sich abgemeldet - gerade jetzt, wo eine glaubwürdige Alternative zu den Eskalationspropheten und der AfD nötiger denn je wäre.