Natürlich haben die USA immer wieder imperialistische Überfälle auf andere Länder durchgeführt. Aber seit dem Vietnamkrieg gibt es eine kritische Öffentlichkeit, die die Verlogenheit der Rechtfertigungen solcher Kriege öffentlich diskutiert hat. Es kam in den USA und international zu erheblichen Protesten. Einen Krieg wie den in Vietnam würde sich heute kein US-Politiker mehr leisten. Auch die verdeckten Operationen der CIA wurden mehrfach in Prozessen in den USA verurteilt und untersagt. Offizieller geht es kaum.
Noch immer stellen die USA die eigenen nationalen Interessen gerne in den Vordergrund: "America First!" Die Mittel sind allerdings über die Jahrzehnte zurückhaltender geworden. Ein Invasion wie derzeit in der Ukraine haben sich die USA seit Jahrzehnten nicht geleistet. (Afganistan war die Antwort auf den 11. September, kein Krieg zur Erweiterung des eigenen Hohheitsgebietes.) Diese über die Jahrzehnte gewachsene Scham ist ein Erfolg der demokratischen Öffentlichkeit der USA.
Genau die hat Putin aber in seiner Amtszeit systematisch zerstört. Eine unabhängige und ggf. kritische Presse gibt es nicht mehr in Russland. Daher kann Putin der Bevölkerung beliebige Schauermärchen erzählen von den Faschisten in der Ukraine, die die armen Russen überfallen und womöglich auch kleine Kinder fressen. (Eine ukrainische Kollegin, deren Vater und Ehemann genau zu den angeblich zu befreienden Russen gehören, erzählt, dass aus ihrer Familie nie jemand belästigt wurde. Dafür wurde ihr Haus von russischen Bomben zerstört.)