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  • Josjock

3 Beiträge seit 03.11.2017

Zur Unabhängigkeit der Justiz in Griechenland

Man darf mit Recht in Frage stellen, ob im heutigen Griechenland, dem von der Nea Dimokratia des Herrn Kyriakos Mitsotakis in "Law and Order"-Manier regierten Staat, noch alles mit rechten Dingen zugeht.

Die Lockerung der Covid-19 Maßnahmen in Griechenland sind gut für das arg gebeutelte Bewirtungsgewerbe und bringt - so hofft die Regierung - den Geldsegen der Touristen.
Gleichzeitig besänftigt man die Gemüter der Bürger, die wegen der widersprüchlichen und untauglichen Lockdowns bereits aufzubegehren begannen.
Taufen und Hochzeiten mit bis zu 300 Personen sind also mittlerweile wieder erlaubt.

In dem Brandstiftungs-Prozess auf der Insel Chios verweigerte der vorsitzende Richter sowohl der Presse als auch internationalen Prozessbeobachtern den Zugang zum Prozess, weil ja nach den - hier gewünscht und deshalb noch geltenden (?) - Pandemie-Beschränkungen maximal 15 Personen im Gerichtssaal anwesend sein dürften.

Er war auch der Meinung, nicht einmal einer der anwesenden 6 (!) Polizeibeamten sei gegen 1 (!) Prozessbeobachter*in austauschbar.
(Immerhin gab es 4 Angeklagte, von denen 3 zur Tatzeit unter 18, also Minderjährige waren.)

Trotz des Nachweises ihres Alters durch gültige Ausweispapiere waren die drei nach Erwachsenen-Strafrecht angeklagt.

Der einzige Belastungszeuge (nicht anwesend!) gegen die jugendlichen Afghanen, die der Volksgruppe der Hazara angehören, war ein Paschtune aus Afghanistan.
Die Pachtunen stehen seit jeher in Konflikt mit den Hazara.

Da der Zeuge nicht anwesend war, konnte er von den Verteidigern weder befragt werden, noch konnte ein Kreuzverhör stattfinden.
Er hatte seine Aussage bei der Polizei zu Protokoll gegeben.

"Das faire Verfahren, das auf vielfältige Weise im nationalen, europäischen und internationalen Recht verankert ist, ist der Eckpfeiler unserer Rechtskultur", betonte 2019 der damalige Präsident Griechenlands, Herr Prokopis Pavlopoulos. Dazu gehört auch Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Sicherzustellen sind diesen Bestimmungen zufolge Garantien der institutionellen und prozessualen Organisation des Prozesses, und zwar auf der Grundlage der Bestimmungen der nationalen und internationalen Rechtsordnung, der ordnungsgemäßen Rechtspflege, des fairen Verfahrens, wie es im modernen demokratischen Rechtsstaat selbstverständlich ist.

Die ordnungsgemäße Rechtspflege erfordert die Wahrung und Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz. Die griechische Verfassung fordert mit den Bestimmungen des Artikels 87 nachdrücklich den Grundsatz der persönlichen und funktionellen Unabhängigkeit der Gerichtsbeamten, (u.a. im Sinne der Festlegung von Garantien für ihren Beamtenstatus (Artikel 88-92), für ihre Anstellung auf Lebenszeit (Artikel 88 Abs. 1) und für ihre berufliche Entwicklung (Artikel 90)), so dass sie bei der Ausübung ihres Amtes nicht der Abhängigkeit oder der Einmischung von Legislative, von Exekutive und von der Judikative selbst ausgesetzt sind.

Besonders wichtig für die volle Gewährleistung der Unabhängigkeit der Justiz ist auch die Vorschrift des Art. 87 Abs. 2 der griechischen Verfassung, aus der sich ergibt, dass der Richter in der Sache nur der Verfassung und den Gesetzen unterworfen - also unabhängig - ist.

Hier, bei diesem Verfahren in Chios, ist nicht auszuschließen, dass schnell ein politisch erwünschter Schuldspruch zu erfolgen hatte. Ein Sündenbock musste her. Eifrig war von Regierungsvertretern in der griechischen Öffentlichkeit - also in den Mediem, die von der Regierung mit vielen Millionen beschenkt wurde - eine Vorverurteilung erfolgt. Das Prinzip der Unschuldsannahme wurde missachtet.

Sollten die insgesamt 6 angeklagten jungen Afghanen wirklich der Brandstiftung schuldig sein, wird auf diese Weise nicht untersucht werden, ob sie für die Tat auch verantwortlich waren. Weder wegen ihres jugendlichen Alters, noch die unmenschlichen Zustände in dem Lager zu Grunde legend. Diese Verantwortung gälte es zu untersuchen.

Diese Verantwortung liegt aber bei denen, die die unzumutbaren Verhältnisse in den Lagern für Flüchtlinge erst geschaffen haben, sie liegt bei den Regierungen, die Völker-, Menschenrechts- und das Friedensgebot miss-achtende und ver-achtende Politik betreiben und sich auf ebensolche Deals - z.B. mit Erdogan - einlassen. Nicht zuletzt ist sie das Ergebnis einer "EU", die sich uneiniger nicht sein könnte. Das zeigte sich in der Finanzkrise, in der Flüchtlingskrise und in der Covid-Krise.

Es ist unsere Pflicht als Bürger dieser Welt, dagegen zu protestieren, zu demonstrieren und zu kämpfen. Packen wir´s an! Eine andere Welt ist möglich!

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