Der redaktionelle Artikel unterschlägt die Risiken der vorgeblichen "Verhandlungsbereitschaft".
1) Untragbare Zugeständnisse:
Die Ukraine müsste erhebliche territoriale Zugeständnisse machen, was von der ukrainischen Bevölkerung und Regierung als inakzeptabel angesehen würde. Dies würde auch den Prinzipien der territorialen Integrität und Souveränität zuwiderlaufen.
2) Belohnung von Aggression:
Zugeständnis territoriale Gewinne an Russland würde als Belohnung für militärische Aggression wahrgenommen. Wäre es nicht ein gefährlicher Präzedenzfall, und eine Ermutigung anderer Staaten, durch Gewalt ihre Ziele zu erreichen?
3) Vertrauensproblem:
Russland hat in der Vergangenheit internationale Abkommen gebrochen, wie z.B. das Budapester Memorandum von 1994, das die territoriale Integrität der Ukraine garantieren sollte. Wie sollte jemand auf die Einhaltung neuer Vereinbarungen vertrauen?
4) Stärkung Putins Position:
Erfolgreiche Verhandlungen könnten die Position von Wladimir Putin im Inland stärken und seine Macht konsolidieren. Dies könnte die Unterdrückung der Opposition und die autoritäre Kontrolle in Russland weiter verschärfen.
5) Gefährdung langfristiger Sicherheit:
Ein vorzeitiger Frieden ohne eine nachhaltige Lösung der zugrunde liegenden Konfliktursachen würde die langfristige Sicherheit Europas gefährden. Ein instabiles Abkommen wäre die Quelle erneuter Konflikten in der Zukunft.
6) Schwächung der internationalen Ordnung:
Ein Kompromiss, der die Verletzung internationaler Normen und Gesetze durch Russland beinhaltet, schwächt die internationale Rechtsordnung wie auch dier Rolle internationaler Institutionen.
7) Moralische Verpflichtungen:
Zwar ist Moral m.E. nicht Gegenstand der Politik; aber wie will man den Menschen erklären, dass man verhandelt mit einem Aggressor, der schwere Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen begangen hat.
Sollte nicht Gerechtigkeit Vorrang haben vor einem schnellen Frieden?
8) Ermutigung weiterer Aggression:
Wäre nicht ein erfolgreicher Abschluss von Verhandlungen gleichzeitig eine Ermutigung anderer Regime ermutigen, ähnliche aggressive Taktiken anzuwenden, in der Erwartung, dass die internationale Gemeinschaft am Ende einknickt?
9) Wie u. a. die jüngst unverhüllten Drohungen Putins gegen "die kleineren Nationen" wäre ein Abkommen erwartungsgemäß nichts weiter als eine Atempause vor dem nächsten Angriff.
Der Begriff "Gutmensch" war mal das "Unwort des Jahres". - Zu unrecht, wie ich meine:
Gutmenschentum, das ist (in Umkehrung von Goethes Wort) "der Geist der stets das Gute will und doch das Böse schafft," nämlich zum vordergründig sich wohl fühlen, nur nicht zu Ende gedacht... so auch der von mir kritisierte Jubel über Putins vorgebliche Verhandlungsbereitschaft.