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  • Fizzlefritz

705 Beiträge seit 08.09.2023

Meine Oma spricht seit 2 Jahren nicht mehr mit Joe Biden

Jetzt stellt sich für natürlich für alle die brennende Frage:

Werden es die USA jemals wieder schaffen, ihre Isolation zu durchbrechen?

Ich weiß nicht, ob man wirklich davon sprechen kann, dass Russland "isoliert" ist. Man hat versucht, das Land zu isolieren, aber außer den US-Vasallen hatte kaum jemand Interesse, dabei mitzumachen. In Anbetracht dessen, dass etwa 80% der Länder, die in etwa einen ebenso großen Teil der Weltbevölkerung repräsentieren, Russland eben nicht boykottieren und weiterhin normale Beziehungen zu denen pflegen, kann man das Projekt wohl als gescheitert betrachten. Diese russische "Isolation" ist ein Trugbild, das sich sehr schnell in Luft auflöst, wenn man mal über den Tellerrand der "westlichen Provinzen" hinausblickt.

Vielmehr laufen wir sogar Gefahr, selbst isoliert zu werden, wenn man sich anschaut, wie viel Widerstand sich weltweit gegen die westliche Dominanz regt. Das mache ich an den vielen kleinen Episoden fest, von denen man hier oft nur etwas mitbekommt, wenn man zwischen den Zeilen liest. So waren z.B. Vertreter der EU vor etwa 1-2 Jahren zwecks Lithium-Deals in Südamerika und dachten anscheinend in ihrer Gutsherren-Mentalität, dort würde man ihnen die Füße küssen. Also hat man als erstes von den Südamerikanern verlangt, Russland zu verurteilen und sich an den Sanktionen zu beteiligen. Diese "impertinenten Wilden" haben uns aber lediglich nen Vogel gezeigt und wir haben uns damit verhandlungstechnisch selbst in den Fuß geschossen (mal wieder). Es gibt etliche solcher kleinen Beispiele, wie die Standpauke über US-Einmischung in Afrika, die sich Tony Blinken bei einem Südafrika-Besuch von Außenministerin Naledi Pandor anhören musste, oder die des namibischen Präsidenten Hage Geingob gegenüber Norbert Lammert vor etwas mehr als einem Jahr. Alles für sich genommen relativ kleine Ereignisse, die uns aber deutlich zeigen, woher der Wind weht.

Die Welt räumt gerade mit unserem Kolonialismus auf, der nämlich mitnichten nach dem 2. Weltkrieg zuende ging, sondern in Form seiner weniger offensichtlichen US-amerikanischen Ausprägung bis heute munter weiter existiert. Ich habe tatsächlich hier an einer (west-)deutschen Schule gelernt*, dass die USA im Gegensatz zu den europäischen Mächten eine klandestinere Art des Kolonialismus pflegten: Anstatt die Territorien direkt mit Gouverneuren und eigenen Truppen zu beherrschen, legte man den Fokus darauf, die politische Klasse der jeweiligen Länder unter die eigene Kontrolle zu bekommen und dafür zu sorgen, dass dort stets jemand an der Macht ist, der Befehlen aus Washington gehorcht. Sozusagen eine Form des Kolonialismus mit "glaubhafter Abstreitbarkeit" und weniger internem Widerstand in den kontrollierten Ländern, da sie ja "von ihren eigenen Leuten" regiert werden.

Schaue ich mir die Geschichte nach dem 2. Weltkrieg an, mit all ihren US-initiierten "Regime Changes", Unterstützung von Aufständen und Finanzierung von Bürgerkriegen gegen nicht-genehme Regierungen (Contras et al.), komme ich zu dem Schluss, dass diese US-Ausprägung des Kolonialismus nie beendet wurde. Zu dieser Erkenntnis sind anscheinend auch etliche Länder des "Globalen Südens" gelangt, wie auffällig oft aus deren Wortwahl hervorgeht, wo besonders in den trotzigeren Statements nicht selten von "westlichem Kolonialismus" die Rede ist.

* nachträglich nochmal großen Respekt an meinen damaligen Geschichtslehrer, der offenbar erstaunlich viel Durchblick hatte. Ich glaube nicht, dass das in dieser direkten Form zum üblichen Curriculum gehörte.

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