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mehr als 1000 Beiträge seit 09.05.2001

Die "Racket"-Behauptung ist eine gefährliche Verharmlosung

Die Behauptung, dass Putin sich einfach nur an die Spitze einer "Racket"-Gesellschaft gesetzt habe, ist eine Verharmlosung, die man keinesfalls so stehen lassen darf.

Wie Catherine Belton in ihrem chronologisch aufgebauten Werk "Putins Netz
Wie sich der KGB Russland zurückholte und dann den Westen ins Auge fasste" sehr überzeugend darlegt, agiert Putin keinesfalls nur als "Vertreter der Rackets", sie sich schlicht das Vermögen Russlands unter den Nagel reißen, um sich selbst zu bereichern.

Die "Rackets" (bescheuerte Bezeichnung übrigens), die das tatsächlich unter Jelzins Herrschaft genau mit diesem Ziel betrieben, wurden stattdessen teilweise entmachtet und vertrieben, soweit sie sich nicht Putins Herrschaftsapparat unterwarfen. Besonders augenfälliges Beispiel ist Chodorkowski, aber auch Beresowski.

Diejenigen "Rackets" dagegen, die bereit waren, einen Deal mit Putin zu machen, durften zwar ihr Vermögen formell behalten, mussten sich aber Zug um Zug dem allumfassenden Machtanspruch der ehemaligen KGB-Clique unterwerfen. Sie wurden schlicht zum Werkzeug des KGB-Machtapparats.

Die geschassten Oligarchen wurden durch Gefolgsleute Putins ersetzt. Prominente Beispiele sind Igor Setschin, Chef von Rosneft und Alexej Miller, der Chef von Gazprom. Beide hatten unter Jelzin gar nichts zu melden und sind mit Putins Petersburger KGB-Clique auf ihre Posten aufgestiegen.

Warum ist der Unterschied zwischen "Racket-Herrschaft" und Putins KGB-Machtapparat so wichtig? Während die "Rackets" im Wesentlichen nur ihren eigenen Reichtum im Visier hatten, benutzt Putins Machtclique die unermesslichen Reichtümer Russlands für eine Vorgehensweise, die die erneute Etablierung Russlands als Großmacht anstrebt. So weit, so gut und verständlich.

Allerdings sind die Mittel, die sie dafür verwenden, eben keinesfalls Staatskunst und systematischer Wirtschaftsaufbau, sondern die Mittel, die KGB-Mafiosi nun mal beherrschen: Systematische Unterwanderung und Zersetzung westlicher Organisationen, Desinformation, Schmutzkampagnen und: Verbrechen. Bestechung, Erpressung, Korruption, gewaltsame Methoden bis hin zum Mord sind ihr gelerntes Handwerkszeug.

Und natürlich gehört auch der Krieg zu ihrem Werkzeugkasten: Mit den gewaltigen Einnahmen aus dem russischen Rohstoffexport wurden nicht etwa entscheidende Investitionen in die russische Wirtschaft getätigt, sondern ein großes Militär und ein Finanzpolster als Rücklage für die Kriegsführung finanziert.

Angesichts der vielen verharmlosenden Artikel - auch diesem -, die hier auf Telepolis zum Thema Russland und Putin erscheinen, liegt der Verdacht nahe, dass auch Telepolis eine Rolle im Netzwerk der Desinformation spielt.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (20.06.2022 08:57).

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